Höhenflug sogar bei maroden Banken. | Autoherteller wie GM, Daimler & Co fahren aus der Krise. | Ölfirmen schaffen Rekordgewinne. | Das Dilemma ist prolongiert: Fannie Mae und Freddie Mac taumeln, zwei Jahre nach der dramatischen US-Hypothekenkrise, immer noch am Rande des Ruins entlang. Die beiden Baufinanzierer, die im September 2008 von der amerikanischen Regierung aufgefangen und mit üppigen Staatshilfen versorgt wurden, stecken nach wie vor tief im Schlamassel. Sie werden auch heuer wieder horrende Defizite schreiben - Fannie Mae verlor allein im ersten Quartal sagenhafte 13,1 Milliarden Dollar (10,2 Milliarden Euro), Freddie Mac immerhin 6,7 Milliarden - und ohne weitere Unterstützung wohl kaum überleben.
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Die beiden Companys, die laut "Fortune" im Vorjahr für die höchsten Verluste unter den 500 weltgrößten Companys gesorgt hatten, sind allerdings die raren Ausnahmen von der Regel: Sie wirken wie Relikte der jüngsten Weltwirtschaftskrise, die zwar verheerende Folgen verhieß, aber letztlich relativ locker verkraftet wurde. Die meisten der noch vor kurzem schwer defizitären Weltfirmen verdienen nämlich wieder Geld - zum einen dank beinharter interner Sparprogramme, zum andern auf Grund von positiven äußeren Einflüssen: Die Wende gelang etwa wegen gestiegener Preise wie in der Ölbranche, konjunkturbedingt besserer Nachfrage wie in der Autoindustrie oder intelligenter Sanierungsmaßnahmen wie bei vielen Geldinstituten.
Daher können die großen Verlierer von 2009 nunmehr am laufenden Band erfreulichen Nachrichten aufwarten: Robert H. Benmosche etwa, CEO des beinahe gescheiterten US-Versicherungskonzerns American International Group (AIG), der 2008 fast 100 und im Vorjahr 11 Milliarden Dollar verloren hatte, sorgte für Good News. Im ersten Quartal 2010 belief sich der Gewinn der früheren Skandalfirma immerhin auf 1,5 Milliarden Dollar.
So wie Benmosche können viele Bosse erst einmal durchatmen, gerade in der Finanzbranche: Die staatlich gestützte deutsche Commerzbank beispielsweise will nach zwei Jahren in den roten Zahlen heuer wieder Gewinn schreiben. Im ersten Halbjahr profitierte sie von der Erholung an den Märkten und deutlich geringeren Belastungen aus faulen Kredite, sodass sie einen Konzernüberschuss von einer Milliarde Euro schaffte. Deutschlands zweitgrößte Bank, die wegen der Finanzkrise und der Übernahme der Dresdner Bank in die Bredouille geschlittert war, dürfte damit fürs Erste aus dem Schneider sein, doch laut Finanzvorstand Eric Strutz sei man "noch ein gutes Stück von der Normalität entfernt - es könnten noch schwierige Bergstrecken kommen".
Auch Skandalbankenmachen wieder Gewinn
Das Schlimmste scheint vorerst auch für die britischen Banken ausgestanden zu sein, allen voran die wegen gröberer Kalamitäten teilverstaatlichte Royal Bank of Scotland (RBS): Der Bank, die 2008 mit 24,3 Milliarden Pfund (29,45 Milliarden Euro) den größten Verlust in der Geschichte Großbritanniens eingefahren hatte, gelang es, nach dem Fehlbetrag von 3,35 Milliarden Pfund im Vorjahr im ersten Halbjahr 2010 einen operativen Gewinn von 1,58 Milliarden zu erzielen.
RBS-Boss Stephen Hester, der im November 2008 mit den Aufräumarbeiten betraut wurde, räumt ein, dass "wir zu den größten Restrukturierungsfällen der Welt zählen, aber die die schlimmste Krise überstanden ist". Er musste allerdings, weil auf politischen Druck Gesundschrumpfen angesagt ist, ganz und gar nicht freiwillig mehr als 300 Filialen an den spanischen Konkurrenten Santander abgeben und die Versicherungsaktivitäten des Instituts ebenso wie andere Geschäftsfelder abstoßen.
Auch andere Problemfälle der britischen Regierung, darunter Lloyds, machen neuerdings wieder eine passable Figur. Selbst die mit Giftpapieren vollgestopfte Northern Rock, die der Pleite nur um ein Haar entkommen ist, konnte kürzlich mit schwarzen Zahlen überraschen. Sie befinden sich damit wieder in bester internationaler Gesellschaft, weil auch vielen einst angeschlagenen Banken anderer Länder der Turnaround gelungen ist, etwa der Schweizer UBS oder der Bayerischen Landesbank.
Ein ähnliches Kunststück schafften auch einige Chefs von Autokonzernen, die 2009 in einer Sackgasse gelandet waren: Daimler-Boss Dieter Zetsche etwa, der im Vorjahr 2,6 Milliarden Euro Defizit ausweisen musste, versprüht dank der 2,1 Milliarden Gewinn im zweiten Quartal wieder Optimismus. Die starke Nachfrage aus China und der billige Euro sorgen für Rückenwind, sodass die Gewinnziele für das laufende Geschäftsjahr bereits zum zweiten Mal nach oben geschraubt wurden - auf nunmehr sechs Milliarden.
Auch bei Renault, Peugeot, Fiat und Mazda, die im Gegensatz etwa zu VW, Ford, Toyota, Honda, Nissan oder Mitsubishi mit teilweise sogar grellroten Bilanzen aufgewartet haben, geht es nunmehr deutlich aufwärts. Mit dem schlimmsten Dilemma - einem Umsatzrückgang um 30 Prozent sowie dem Horror-Ergebnis 2009 - wurde allerdings General Motors-CEO Edward Whitacre fertig. Der gebürtige Texaner benötigte nur wenige Monate und etliche brutale Entscheidungen, um den von der US-Regierung mit rund 58 Milliarden Dollar aus der Insolvenz geholten Autokonzern auf Erfolgskurs zu trimmen: Der früher chronisch defizitäre Konzern brillierte im ersten Halbjahr mit 2,2 Milliarden Gewinn und einem Umsatzplus von 44 Prozent.
Edward Whitacre, dem der Stress mit neun Millionen Dollar abgegolten wurde, ist als Chef derweil bereits abgetreten, um das General-Motors-Steuer nach getaner Arbeit an Daniel Akerson zu übergeben: Der bisherige Boss des internationalen Finanzinvestors Carlyle Group soll das zu 61 Prozent dem Staat gehörende Unternehmen im Herbst an die Börse bringen.
Die Ölfirmen zählenzu großen Gewinnern
Die meisten jener Top-Konzerne, die laut "Fortune"-Rangliste im Krisenjahr 2009 die höchsten Umsatzeinbußen erlitten, werden heuer die Trendumkehr schaffen: So etwa legte ArcelorMittal, der weltgrößte Stahlproduzent, im ersten Halbjahr mit 40 Milliarden Dollar um 25 Prozent zu - im vergangenen Jahr hatte das Umsatzminus noch satte 48 Prozent betragen.
Ebenfalls Grund zur Freude haben die Ölkonzerne, die 2009 umsatzmäßig um beinahe 40 Prozent zurückgefallen waren: Royal Dutch Shell, laut "Fortune" nach Wal-Mart Stores der zweitgrößte Weltkonzern, sowie die drei US-Riesen Exxon Mobil, ConocoPhillips und Chevron überbieten einander laufend mit glänzenden Zahlen. Auf Grund der gestiegenen Ölpreise und eiserner Sparpakete konnten sie laut vorliegenden Quartalsberichten bei den Umsätzen wieder um 45, 32, 42 bzw. 32 Prozent zulegen.
Auch die zuletzt deutlich eingebrochenen Gewinne sind überall empor geschnellt: Bei ConocoPhillips in Houston im Halbjahr gleich um 277 Prozent, bei Chevron in Kalifornien um 84 Prozent, bei Exxon Mobil, dem derzeit teuersten börsenotierten Unternehmen der Welt, um 60 Prozent und bei Royal Dutch Shell immerhin um 36 Prozent. Die einzige Branchengröße, die derzeit wirklich keinen Grund zum Jubeln hat, ist BP. Die Ölpest im Golf von Mexiko hat dem Konzern nicht nur die Gewinne weggespült und unzählige Klagen beschert, sondern auch das Image total ramponiert.
Good News: Die Rekordhalter
Der "Fortune"-Rangliste zufolge haben sich etliche Top-Konzerne bzw. Länder im Vorjahr besonders hervorgetan:
* Gleich zwei Mal an der Spitze liegt der weltgrößte US-Konzern Wal-Mart Stores: Er setzte zuletzt 408 Milliarden Dollar (317,76 Milliarden Euro) um und beschäftigte 2,1 Millionen Mitarbeiter.
* Das profitabelste Unternehmen der Welt ist die russische Gazprom. Sie schaffte im vergangenen Jahr 24 Milliarden Dollar Gewinn.
* Das größte Plus bei ihrem Gewinn von rund zwei Milliarden Dollar erzielte 2009 die chinesische Pingan Insurance - 5150 Prozent.
* Den stärksten Umsatzzuwachs - stolze 39.400 Prozent - verzeichnete die englische Versicherung Old Mutual. Sie setzte im letzten Jahr 34 Milliarden Dollar um.
* Im "Fortune"-Ranking "Global 500" konnte sich die britische Lloyds Banking Group gleich um 214 Plätze auf Rang 42 vorarbeiten.
* Mit Assets in der Höhe von 3,2 Milliarden Dollar liegt die Japan Post Holdings klar in Front.
* Die Chinesen sind bereits drei Mal unter den Top 10 vertreten: Sinopec, State Grid und China National Petroleum haben Chevron, Total und die niederländische Ing Group aus dem Spitzenfeld geworfen.
* Der größte in Europa ansässige Weltkonzern ist Royal Dutch Shell, der allerdings von der Poleposition auf Platz zwei zurückfiel; die asiatische Nummer eins ist nach wie vor Toyota als Fünfter; die führende Company Südamerikas ist die brasilianische Ölgesellschaft Petrobras auf Rang 54.
* In der Nationenwertung liegen wie gewohnt die USA mit 139 Firmen vor den Japanern (71) und den Chinesen (46), gefolgt von Frankreich (39) und Deutschland (37). Österreich belegt mit drei Top-Firmen (OMV, Erste, Strabag) Rang 19 von 33 Ländern.
* China schlägt Japan: Von den 71 erfassten japanischen Konzernen machten im Vorjahr nur 59 Gewinn, jeder dritte davon weniger als 500 Millionen Dollar; von den 46 chinesischen Top-Playern schrieben nur zwei keine schwarzen Zahlen.