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Roter Konkurrent plagt gelbe Post

Von Veronika Gasser

Wirtschaft

Der private Zusteller Redmail und die Österreichische Post werden ihren Streit über Vertragsbedingungen für die Zeitungszustellung erneut vor Gericht austragen. Die Post missbraucht ihre beherrschende Position, gab das Kartellgericht zuletzt Redmail Recht. Die Post will jetzt gegen das Urteil berufen.


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Die Post weist darauf hin, dass die Entscheidung des Kartellgerichts - demgemäß das Unternehmen seine marktbeherrschende Stellung bei der Zustellung von Zeitungen ausnutzt - noch nicht rechtskräftig ist: Von daher gebe es keine Änderung für die Kunden.

Redmail, ein Joint Venture der holländischen Post und Styria Medien AG, zog vor eineinhalb Jahren vors Kartellgericht, weil die Post den Verlagen Preiserhöhungen von 70% über fünf Jahre verteilt aufbrummen konnte. Damit sind die Verlage über eben diesen Zeitraum an die Post gebunden und müssen sich ein Entkommen teuer abkaufen, kritisiert Redmail-Geschäftsführer Kurt Schügerl. Der kleine rote Konkurrent will aber gerade im Sektor Zeitungszustellung zulegen, rechnet er sich doch dort die besten Aussichten auf Gewinn aus. Das Volumen für die heimische Mediapost liegt bei 115 Mio. Euro.

Derzeit beträgt der Marktanteil im Bereich Zeitungen 23% (die beiden Styria-Medien "Kleine Zeitung" und "Presse" sowie "Standard" und "Wiener Zeitung" werden in manchen Rayons zugestellt), er könnte aber rasch auf 30% hinaufschnellen - sofern Redmail von der zweiten Instanz abermals Recht bekommt, betont Schügerl: "Denn wir sind um 15% billiger als die Post." Sein Kollege Bernd Kirisits zeigt sich im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" zuversichtlich, dass dieser erhoffte Mehraufwand mit dem bestehenden Personal bewältigt werden kann. Derzeit beschäftigt die Styria-Tochter 450 angestellte Mitarbeiter in der Verwaltung und mehr als 4.500 Zusteller auf Basis von Werkverträgen.

Redmail wirbt um Postler

Erfahrene Postler sind bei Redmail jedoch jederzeit willkommen. So gibt es seit einer Woche das Angebot an verzweifelte Postbedienstete, die vom Post-Management aufs Abstellgleis geschoben wurden, bei der roten Konkurrenz anzuheuern, erklärt Kirisits. "Wir nehmen auch gerne ältere. Bisher hat sich bei uns leider noch kein einziger Arbeitswilliger gemeldet." Entlohnt würden sie nach einem dynamischen Gehaltsschema. Kirisits hofft nach wie vor, dass er frustriertes Postpersonal - etwa 700 wurden in einem sogenannten Trainingszentrum untergebracht - abwerben kann.

Empört sind die beiden Redmail-Chefs darüber, dass sie als Großkunde der Post mit einem Auftragsvolumen von 6 Mio. Euro pro Jahr ebenso behandelt werden, wie ein Kunde der nur eine Briefmarke kauft. "Wir bekommen keinen Rabatt, das ist international nicht üblich," kritisiert Schügerl.

Er fordert im selben Atemzug eine Änderung des Postgesetzes, in dem auch dieser strittige Punkt neu geregelt werden müsste. Geht es nach dem Willen von Redmail soll der Postsektor neu geordnet und mit Anfang 2007 völlig liberalisiert werden.

Zu kämpfen hat der rote Logisitiker aber auch mit der Finanzbehörde. So droht die Nachzahlung der Werbeabgabe auf Prospektverteilung rückwirkend bis 2000. Rund 10% der Werbeprospekte werden von Redmail zugestellt. Ein Bescheid der Finanzbehörde sei noch nicht ins Haus geflattert, so Schügerl. Gegen den Erlass des Finanzministeriums aus dem Jahr 2003 will Redmail beim Verwaltungsgerichtshof jedenfalls berufen, sobald der Bescheid eingelangt ist. Es sei damit zu rechnen, dass pro Jahr immerhin eine Mio. Euro Werbeabgabe zurückgezahlt werden müssten. Im vergangenen Jahr blieben dem Unternehmen etwa zwei Mio. Euro Gewinn, wie die Recherchen der "Wiener Zeitung" ergeben haben. Der Umsatz machte mehr als 50 Mio. Euro aus.

Keinerlei Geschäftszuwachs erwarten sich die roten Zusteller von der Schließung der Postämter. Dass sie bald auch in den Paketmarkt ist eher ausgeschlossen.