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Roter Teppich und Proteste in Griechenland

Von WZ-Korrespondent Gerd Höhler

Politik

Merkel-Besuch gilt als Vertrauensbeweis - Heftige Demos in Athen erwartet.


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Athen. (n-ost) Antonis Samaras rollt den roten Teppich aus. Der Empfang, den der griechische Premier heute der deutschen Bundeskanzlerin bereiten will, soll genauso würdig sein wie die Zeremonie, mit der Angela Merkel vor etwas mehr als sechs Wochen den Griechen vor dem Kanzleramt begrüßte. Während es in Berlin regnete, erwarten die Kanzlerin in Athen Sonne und spätsommerliche 27 Grad. Man werde Merkel empfangen "wie es der führenden Politikerin eines großen, befreundeten Landes angemessen ist", sagte Samaras.

Viele Griechen sehen das anders. "Willkommen, aber . . .", titelt Griechenlands größte Zeitung "Ta Nea". Der Karikaturist des Blattes bildet Merkel mit Stahlhelm ab, in der Hand hält sie vorsichtshalber eine Gasmaske. Eine Anspielung auf die geplanten Demonstrationen, die Merkels Besuch begleiten sollen - und die, so wird befürchtet, aus dem Ruder laufen könnten.

Die beiden großen griechischen Gewerkschaftsdachverbände haben zu dreistündigen Streiks und Protestkundgebungen ausgerufen. Während Regierungschef Samaras mit dem Besuch die Hoffnung verbindet, die Zukunft seines Landes in der Eurozone zu sichern, verspüren viele Griechen Wut. Sie machen die "eiserne Kanzlerin" für die harten Sparauflagen verantwortlich, die ihr Land tiefer in die Rezession und die Menschen in die Arbeitslosigkeit treiben.

Der Besuch sei "eine weitere Demonstration der Unterwerfung Griechenlands unter die Interessen der Banker und des Kapitals", erklärte das Bündnis der radikalen Linken (Syriza), Griechenlands größte Oppositionspartei. Syriza-Chef Alexis Tsipras sagt, Merkel komme, "um das korrupte politische System zu stützen". Man werde der Kanzlerin "den Empfang bereiten, den sie verdient". Bereits am Montag gab es in Athen einige kleinere Demonstrationen, für den Abend waren weitere Proteste geplant.

7000 Polizisten sind auf den Beinen, um Merkel zu schützen. Die Straßen, über die sie vom Flughafen in die Innenstadt fährt, werden für Stunden komplett gesperrt. Im Regierungsviertel dürfen nicht einmal Fußgänger unterwegs sein - damit nur ja keiner Eier oder faule Paradeiser auf die Kanzlerin wirft. Scharfschützen werden auf den Hausdächern in Stellung gehen.

Was bringt Merkel wohl mit?

Solche Sicherheitsmaßnahmen gab es in Athen zuletzt 1999 beim Besuch des damaligen US-Präsidenten Bill Clinton. Dessen Visite wurde von schweren Unruhen begleitet, im Athener Zentrum gingen zahlreiche Geschäfte und Bankfilialen in Flammen auf. Solche Bilder wären das Letzte, was die Regierung jetzt braucht, meint die Zeitung "Estia", denn sie könnten bei Griechenlands Partnern den Eindruck erwecken, das Land sei nicht mehr zu retten.

Unterdessen spekulieren Kommentatoren, was die Kanzlerin mitbringt: Pläne für deutsche Investitionen? Immerhin trifft sie in Athen deutsche und griechische Firmenvertreter. Oder ihr Einverständnis zur von Griechenland gewünschten Streckung des Konsolidierungsprogramms? Vielleicht gar die Zusage für eine rasche Auszahlung der sehnlich erwarteten Hilfskredite?

Bei nüchterner Betrachtung ist nichts davon zu erwarten. Wie seit Wochen wird die Kanzlerin auf den ausstehenden Bericht der Troika verweisen. Bevor die Prüfer ihr Zeugnis ausstellen, müssen aber erst die Verhandlungen über das neue Sparpaket abgeschlossen werden. Diese sind schwieriger als erwartet. Jetzt hofft man in Athen, das Paket bis zum EU-Gipfel in zehn Tagen geschnürt zu haben.

Auch wenn Merkel nicht viel im Gepäck hat, wird der Besuch nicht nur als Vertrauensbeweis für Premier Samaras gewertet, sondern als Signal, dass ein Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone in Berlin nicht mehr zur Debatte steht. Die Zeitung "Ethnos" meint: "Kein Politiker besucht ein Land, um es dann wenige Tage später seinem Schicksal zu überlassen."