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Royal Jordanian greift nach der AUA

Von Karl Leban

Wirtschaft

Offert soll in Kürze auf dem Tisch liegen. | US-Wirtschaftsprüfer PricewaterhouseCoopers ermittelt den Preis. | Araber spitzen auf die Osteuropa-Assets. | Wien. Bei der AUA bahnt sich eine riesige Überraschung an: Wie die "Wiener Zeitung" aus Diplomaten-Kreisen erfahren hat, bereitet die jordanische Fluggesellschaft Royal Jordanian ein Übernahmeangebot für die angeschlagene rot-weiß-rote Airline vor.


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Dem Angebot wird gerade der letzte Schliff gegeben. Es soll bereits in Kürze auf den Tisch kommen - noch vor dem Meeting des AUA-Aufsichtsrats am 28. Juli, in dem ein Bericht über die Optionen für die Zukunft des teilstaatlichen Home-Carriers auf der Agenda steht.

Beraten wird Royal Jordanian von PricewaterhouseCoopers. Die US-Wirtschaftsprüfer sind beauftragt, den Angebotspreis zu ermitteln. Wie es heißt, wollen die Jordanier mit ihrem Offert anderen interessierten Airlines zuvorkommen. Ein mögliches Abblitzen bei Österreichs Regierung wird dabei einkalkuliert. Geplant soll sein, nach dem Motto "Nimm es oder lass es" zu agieren.

Somit könnte bei der AUA wieder Bewegung in die zuletzt fast eingeschlafene Privatisierungsdebatte kommen. Legen die Jordanier ein gut abgerundetes Angebot (samt tragfähiger Lösung für den Flughafen Wien), könnte das die scheidende Regierung doch noch dazu bewegen, am 6. August im Ministerrat den Weg für den Verkauf freizumachen. Die Staatsholding ÖIAG, mit knapp 43 Prozent größter AUA-Aktionär, hätte dann grünes Licht für Verhandlungen - und die AUA die Chance, rasch im Schoß eines strategischen Partners zu landen.

"Attraktiver" Kaufpreis winkt

Begehrliche Blicke soll Royal Jordanian vor allem auf das Herzstück der AUA, den wachstumsträchtigen Osteuropa-Verkehr, geworfen haben. Deshalb sollen die Jordanier auch bereit sein, einen "attraktiven" Kaufpreis zu bieten. Den zu stemmen, dürfte kein Problem sein. Denn hinter Royal Jordanian - die vor 45 Jahren gegründete Airline ist seit 2007 als erster arabischer Carrier mehrheitlich privatisiert - stehen finanzkräftige Geldgeber. Darunter ist auch der ägyptische Kaufhaus-Magnat und Harrods-Eigentümer Mohamed Al-Fayed, dessen Sohn Dodi mit Prinzessin Diana bei einem Autounfall 1997 ums Leben kam.

In der Royal-Jordanian-Zentrale in Amman werden die Gerüchte über ein unmittelbar bevorstehendes Übernahmeoffert für die AUA weder bestätigt noch dementiert. Wenig überraschend heißt es lediglich: "Gerüchte kommentieren wir grundsätzlich nicht." Eisern geschwiegen wird auch bei PricewaterhouseCoopers.

Royal Jordanian ist eine kleine, aber feine Airline, die so wie andere arabische Carrier seit Jahren im Aufwind fliegt und daher auf weitere Expansion setzt. Rund um den Globus werden derzeit insgesamt 55 Destinationen angeflogen - darunter auch Wien. Drehscheibe ist der Queen Alia International Airport in Amman. Auf ihrer Homepage wirbt die Fluglinie mit dem Slogan: "Wir verbinden Jordanien und die Levante mit der Welt."

Im vergangenen Jahr stieg das Fluggastaufkommen bei Royal Jordanian um knapp ein Fünftel auf 2,4 Millionen Passagiere. Der Umsatz lag bei umgerechnet 485 Millionen Euro, der Gewinn konnte auf rund 18 Millionen Euro verdreifacht werden. Die Flotte, die zurzeit 28 Flugzeuge (hauptsächlich Airbus-Flieger) umfasst, soll künftig um sechs nagelneue Superjumbos vom Typ Boeing 787 Dreamliner aufgestockt werden.

Seit 2007 fliegt Royal Jordanian in der globalen Allianz Oneworld (mit American Airlines und British Airways an der Spitze). Mit der AUA, die Mitglied der konkurrierenden Star Alliance ist, waren die Jordanier noch bis vor kurzem über eine Kooperation verbandelt. Gemeinsam durchgeführt wurden sogenannte Code-Share-Flüge von Amman über Wien nach Kopenhagen und Stockholm. Erst vor knapp vier Monaten haben beide Airlines diese langjährige Zusammenarbeit beendet.

Schon zehn Interessenten

Für die AUA soll es dem Vernehmen nach mittlerweile zehn Interessenten geben. Inklusive Royal Jordanian zählen zu diesem Kreis Lufthansa, Air-France-KLM, British Airways, Aeroflot, Singapore Airlines, Quatar Airways, die indische Kingfisher Airlines, Air China und die japanische ANA.

Die europäischen Fluglinien - auch die Lufthansa - sollen allerdings nicht wirklich interessiert sein, bei der mit Verlusten kämpfenden AUA schon jetzt einzusteigen. Wie es von informierter Seite heißt, wollen sie warten, bis die AUA pleite ist, um sie dann aus der Konkursmasse billig kaufen zu können. Im Fall Swissair/Sabena lief es vor Jahren ähnlich.