Steiermark plant sozial gestaffelte Nachmittagsbeiträge. | Wien denkt nicht an Änderungen. | Wien. Der Kostendruck auf Länder und Gemeinden steigt - überall müssen Sparmaßnahmen erfolgen. Das schreibt auch der Bund vor, der ebenfalls vor leeren Kassen steht. Angesichts dieser Gegebenheiten überlegt die Steiermark, die als erste Bundesland den ganztägigen Gratis-Kindergarten umgesetzt hat, für die Nachmittagsbetreuung sozial gestaffelte Tarife einzuführen. Landeshauptmann Franz Voves stellte die "Versorgung von der Wiege bis zur Bahre" nach dem Muster der 1970er Jahre oder der DDR infrage.
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Auch Kärnten kündigte Änderungen an, nur das Gratisjahr für Fünfjährige, das vom Bund halbtags verpflichtend vorgeschrieben ist, soll nicht angetastet werden. In Salzburg ist nicht sicher, ob der Gratis-Kindergarten 2014 eingeführt werden soll.
Unterstützung findet Voves sowohl beim Gemeindebund als auch in der ÖVP. Gemeindebundpräsident Helmut Mödlhammer befindet kostenlose Kinderbetreuung für "nicht sozial" und forderte einen "Belastungsstopp" für die Gemeinden. Versprechungen wie Gratis-Kindergärten oder akademische Ausbildung der Kindergärtnerinnen "sollten eingestellt werden".
"Alles für alle gratis geht einfach nicht", befindet auch Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka. Der strapazierte Staatshaushalt brauche Beiträge aller Gebietskörperschaften. Lopatka spricht sich für sozial gestaffelte Kindergartentarife aus. Der Staatssekretär regte an, der Gemeindebund solle ein österreichweites Modell vorlegen.
Auch Familienstaatssekretärin Christine Marek ist für eine soziale Staffelung der Beiträge. "Der Kindergarten muss nicht zu 100 Prozent gratis sein", betonte sie. Marek kritisiert aber, dass die Steiermark erst jetzt zu dieser Meinung findet. Das sei die logische Folge schlechter Planung: "Wenn ich in kürzester Zeit von 0 auf 100 fahre, passiert das eben." Sie geht davon aus, dass in Wien, das den ganztägigen Gratis-Kindergarten ebenfalls umgesetzt hat, ähnliche Überlegungen kommen werden wie in der Steiermark.
Frauenministerin gegen Sparen bei Kindern
Dem widerspricht der Wiener Stadtrat Christian Oxonitsch: "Das Wiener Angebot steht sicher nicht zur Diskussion." Auch Oberösterreich, das Burgenland, Vorarlberg und Tirol denken an keine Änderungen - wobei in Tirol und Vorarlberg nur der Halbtagskindergarten gratis ist.
Kein Verständnis mit dem Rückbau des GratisKindergartens hat Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek. "Ich verstehe, dass auf Ländern und Gemeinden ein Kostendruck lastet. Es ist aber die Frage, ob Sparen beim schwächsten Glied der Gesellschaft am sinnvollsten ist", sagte die Ministerin zur "Wiener Zeitung". So wie die Schule solle auch der Kindergarten gratis sein, weil das Investitionen in die Zukunft seien. Jeder Euro, der in Kinderbetreuung investiert werde, rentiere sich doppelt. Darüber hinaus lehnt Heinisch-Hosek Änderungen auch aus frauenpolitischer Sicht ab: Wenn der Nachmittag kostenpflichtig wird, würden viele Frauen zu Hause bleiben oder noch mehr Teilzeitarbeit annehmen.
Heinisch-Hosek greift indes eine Forderung des Wifo und der AK auf, den Alleinverdienerabsetzbetrag für Paare ohne Kinder abzuschaffen. Damit will sie die Anstoßfinanzierung zum Ausbau der Kinderbetreuungsplätze, die Ende des Jahres ausläuft, bis zum Ende der Legislaturperiode verlängern. 20 Millionen Euro pro Jahr wendet der Bund dafür auf, die Länder verdoppeln diesen Betrag. Alleine im Jahr 2008/09 seien damit 10.000 neue Betreuungsplätze und 3000 Jobs geschaffen worden.