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EuGH-Generalanwalt empfiehlt Ablehnung der Klage Österreichs. Vor allem heimische Fahrer betroffen.
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Wien/Luxemburg. Es sieht ganz danach aus, als würde Österreich mit seiner Klage gegen die Einführung der deutschen Pkw-Maut vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) scheitern. Am Mittwoch hat der EuGH-Generalanwalt dem Gericht eine Ablehnung der Klage empfohlen. Die Tatsache, dass Haltern von in Deutschland gemeldeten Fahrzeugen eine Entlastung bei der KfZ-Steuer in der Höhe der Infrastrukturabgabe zugutekommt, sei keine Ausländerdiskriminierung. In 80 Prozent der Fälle hält sich der EuGH bei der Urteilsprechung an die Empfehlung des Generalanwalts.
Zur Erinnerung: Deutschland will ab Oktober 2020 ein flächendeckendes Mautsystem auf allen deutschen Bundesstraßen und Autobahnen einführen. Grundlage dafür ist eine Änderung im deutschen Infrastrukturgesetz. Die CSU macht schon seit 2013 für ein Mautsystem mobil.
Das Problem daran, zumindest aus österreichischer Sicht: Fahrzeughalter, deren Autos in Deutschland gemeldet sind, werden über die KfZ-Steuer quasi indirekt in der Höhe der jährlichen Mautgebühr entlastet. Ausländische Autofahrer zahlen für die Benützung des Verkehrsnetzes.
Kein Verstoß gegen EU-Recht
"Jeder, der unsere Infrastruktur benutzt, der zahlt auch - ohne Mehrbelastung für die Inländer", sagte dazu Deutschlands Verkehrsminister Andreas Scheuer. Das sah der damalige SPÖ-Verkehrsminister Jörg Leichtfried anders und leitete 2017 eine Klage vor dem EuGH gegen die deutsche Maut ein. Er sah darin eine Diskriminierung von EU-Bürgern und bekam auch Unterstützung von den Niederlanden.
Der Generalanwalt sieht aber vorerst keinen Verstoß gegen das Unionsrecht. Auch wenn die steuerliche Erleichterung einer "Nullreduzierung" der KfZ-Steuer gleichkäme, was nicht der Fall ist, könnten ausländische Autofahrer verpflichtet werden, für die Benützung der Infrastruktur zu zahlen.
Nach Ansicht des Generalanwalts haben die deutschen Behörden "völlig zu Recht die Ansicht vertreten, dass erstens die Kosten des Autobahnnetzes, die bisher hauptsächlich von den Steuerzahlern getragen würden, gleichmäßig auf alle Nutzer, einschließlich der Fahrer ausländischer Fahrzeuge, aufgeteilt werden müssten. Zweitens würden die Halter inländischer Fahrzeuge einer unverhältnismäßig hohen Besteuerung unterworfen, wenn sie sowohl der Infrastrukturabgabe als auch der Kfz-Steuer unterlägen."
Dass Österreich Klage erhoben hat, liegt daran, dass heimische Autofahrer wohl am stärksten von der neuen Maut betroffen wären. Zahlreiche Pendler, Urlauber und Frächter queren das kleine und das große Deutsche Eck regelmäßig. Einer Studie des deutschen Verkehrsklubs ADAC aus dem Jahr 2014 zufolge fahren täglich 57.000 Österreicher auf eine deutsche Autobahn auf. Pro Jahr würden österreichische Fahrzeuge 20 Millionen Mal eine deutsche Autobahn benützen.
Österreichische Lösung
Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) ließ im Zuge der Generalanwaltsempfehlung nun aufhorchen. Sollte der EuGH den Empfehlungen des Generalanwalts folgen, wolle er über ein ähnliches Modell für Österreich nachdenken. Wenn der EuGH erlaube, bei der deutschen Pkw-Maut ausländische Verkehrsteilnehmer stärker finanziell zu belasten und gleichzeitig deutsche Autofahrer zu entlasten, dann "sollte auch Österreich das tun", sagte Hofer. Ähnliches könne er sich auch bei der Einhebung von Studiengebühren oder bei der Indexierung der Familienbeihilfe vorstellen. Zudem würden ob der deutschen Regelung heimische Taxi- und Verkehrsunternehmen schlechtergestellt.
Die SPÖ hofft, dass der EuGH in einigen Wochen doch noch zu einer gegenteiligen Entscheidung kommt. "Das EU-Recht soll uns vor Diskriminierung bewahren und schützt die kleinen Staaten vor der Willkür der Großen", sagte Andreas Schieder, EU-Spitzenkandidat der SPÖ. "Die Maut-Maulerei der Österreicher muss jetzt endlich ein Ende haben", findet hingegen CSU-Landesgruppenchef im Bundestag Alexander Dobrindt, der als Verkehrsminister für die Maut verantwortlich zeichnete. "Wer nutzt, der zahlt, aber keiner zahlt doppelt" werde vom Generalanwalt voll bestätigt.
Ein österreichisches Unternehmen profitiert jedenfalls von der Einführung der deutschen Maut. Das Konsortium rund um die heimische Kapsch TrafficCom AG und die oeticket-Mutter CTS Eventim haben den Zuschlag für den knapp zwei Milliarden Euro schweren Auftrag bekommen. Die Unternehmen bauen ein Vertriebssystem auf, über welches sowohl inländische als auch ausländische Nutzer abgerechnet werden können, etwa mittels elektronischer Vignette.