Finanzministerium: Noch "technische" Probleme zu lösen. | Branche uneins über Hilfsmodell. | Wien. Nach Milliardenhilfen für Banken, Kredit garantien für Großunternehmen und der Auto-Verschrottungsprämie muss der Staat nun auch im Exportsektor Krisenfeuerwehr spielen. Im Bereich der Kreditversicherer zeichnet sich nämlich ein Marktversagen ab. Die öffentliche Hand will kürzlich eingeführte Unterstützungsmaßnahmen nun deutlich ausweiten. Einzelne Branchenvertreter drängen jedoch auf einen Strategiewechsel.
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Seit Juli gewährt der österreichische Staat privaten Kreditversicherern Garantien für sogenannte nicht-marktfähige Risiken. Gemeint sind damit in erster Linie Geschäfte außerhalb von EU und OECD. Hat ein österreichischer Exporteur Lieferungen in ein solches Land gegen einen Zahlungsausfall seitens seines Abnehmers versichern lassen, muss nicht mehr der Kreditversicherer zur Gänze für entgangene Leistungen aufkommen. Den Großteil des Schadens übernimmt in diesem Fall der Staat.
Normalerweise halten sich Kreditversicherer an speziellen Rückversicherungs-Unternehmen schadlos. Wegen der Wirtschaftskrise ziehen sich diese aber - ähnlich wie die Kreditversicherer selbst - aus vielen Ländern zurück.
Hilfe bis Ende 2010
Dies trifft die Exportwirtschaft hart, da sich die Firmen auf einmal unkalkulierbaren Risiken ausgesetzt sehen und bestimmte Geschäfte nicht mehr durchführen können.
Die nunmehrige Rückgarantie des Staates gilt vorerst bis Ende 2010. Im Finanzministerium schätzt man das Volumen, das in Anspruch genommen werden dürfte, auf 1,5 bis 2 Mrd. Euro.
Allerdings scheint es mit Garantien für nicht-markt fähige Risiken nicht getan zu sein. Auch Länder wie Bulgarien und Rumänien werden von Kreditversicherern nämlich zunehmend gemieden, obwohl sie EU-Staaten sind. Wie aus der Branche zu hören ist, hat Österreich bereits bei der EU um eine Ausnahmegenehmigung angesucht, auch Rückversicherungen für solche - unter normalen Umständen - marktfähige Risiken geben zu dürfen. Laut Finanzministerium müssen noch einige "technische" Probleme gelöst werden. Die Abstimmung mit der EU-Kommission laufe aber.
Helmut Altenburger, Vorstand der OeKB Versicherung (eine 51-Prozent-Tochter der Oesterreichischen Kontrollbank), hofft, dass die Ausweitung der staatlichen Unterstützung im Herbst in Kraft tritt. Die jetzige Regelung nütze man bereits, so Altenburger.
Neues Modell möglich
Eine gänzlich neue Herangehensweise wünscht sich hingegen die Kreditversicherung Atradius. Es gebe Verhandlungen, das System umzustellen, so Sprecher Dietmar Pöschl. Derzeit trage die Republik 70 Prozent des Risikos, 30 Prozent bleiben beim Kreditversicherer. "Machen wir davon Gebrauch, dann müssten wir Kunden eine Versicherung geben, die wir momentan nicht versichern würden."
Pöschl plädiert für eine Lösung, wie es sie in Frankreich gibt: Nach positiver Bonitätsprüfung schöpft zuerst der Kreditversicherer seinen - wegen der Krise oft eingeschränkten - Gesamtrahmen für einzelne Geschäfte aus. Alles, was über dieses Limit hinausgeht, übernimmt der Staat. Dies wiederum hält OeKB-Versicherungs-Chef Altenburger für weniger praktikabel als die derzeitige Regelung: Vor allem im Schadensfall wäre die Abwicklung kompliziert. Außerdem führe man auch beim jetzigen Modell eine genaue Bonitätsprüfung durch.
Dass es im Rahmen der Ausweitung der Staatshilfe auf marktfähige Risiken zu einer Änderung des Modells kommen könnte, wird in der Branche nicht ausgeschlossen. Möglicherweise bahnt sich ein Kompromiss an, der verschiedene Lösungen für unterschiedliche Kundenprofile vorsieht.
Einer Misch-Variante könnte Ludwig Mertes, Vorstand der Prisma-Kreditversicherung, wenig abgewinnen, einer Ausweitung der staatlichen Unterstützung auf marktfähige Risiken hingegen viel. Dabei seien nicht nur die Länder Osteuropas, sondern auch Deutschland und Italien interessant.