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Der Ausgang der Landtagswahlen in Schleswig·Holstein ist vor allem von zwei Eckpunkten gekennzeichnet: Erstmals seit 1998 konnte die SPD ihren Abwärtstrend stoppen und die einzige deutsche
Ministerpräsidentin, Heide Simonis, konnte mit einem Stimmenplus von 3,3 Prozent sogar beachtlich zulegen. Die CDU mit ihrem Spitzenkandidaten Volker Rühe, der auch im Nachfolgekampf nach dem
Rücktritt des Parteichefs Wolfgang Schäuble ein gewichtiges Wort mitreden will, stürzte nach ihrem Parteispendenskandal nicht ins Bodenlose, wie es Umfragen vermuten ließen, sondern konnte ihre
Verluste mit zwei Prozent einigermassen in Grenzen halten.
Vor Bekanntwerden des CDU-Spendensumpfes hatte die Lage allerdings ganz anders ausgesehen. Für Rühe schien der Wahlgang im Herbst des Vorjahres noch ein Sonntagsspaziergang zu sein, der SPD drohte
nach Niederlagen im Saarland und Hessen ein weiteres der alten Bundesländer verlorenzugehen.
Je mehr von der CDU-Spendenpraxis allerdings bekannt wurde, umso tiefer sanken die Aktien des ehemaligen Verteidigungsminister und stellvertretenden CDU-Chefs Volker Rühe. Als CDU-Vorsitzender
Wolfgang Schäuble schließlich die Konsequenzen aus dem Skandal zog und zurücktrat, setzte Rühe einen taktischen Schachzug, indem er sein Abschneiden im Hohen Norden auch mit der Nachfolgediskussion
in der Bundespartei koppelte. Bei einem CDU-Anteil in Kiel um die 35 Prozent meldete er seine Teilnahme im Schäuble-Nachfolgerennen an. 35,2 Prozent wurden es schließlich und der stellvertretende CDU-
Chef konnte schon am Wahlabend vermelden, dass es ihm gelungen sei, die Partei trotz ungünstiger Bedingungen zu stabilisieren.
Heide Simonis wiederum, die in Kiel seit vier Jahren mit einer rot-grünen Koalition regiert, konnte den Abstand zu CDU von 1,6 auf 7,9 Prozent ausbauen und sieht darin auch Rückenwind für die
Bundespartei, die den nach den Niederlagen des Vorjahres auch dringend brauchte, nicht zuletzt in Hinblick auf die im Mai bevorstehenden Wahlen im bevölkerungsreichsten Land Nordrhein-Westfalen.
Dass der kleine Koalitionspartner, die Grünen, trotz Verlusten die fünf-Prozent-Hürde deutlich nahm und die FDP, die neuerdings darüber nachdenkt, künftig auch wieder mit der SPD Koalitionen
einzugehen · in Schleswig-Holstein hatte ihr Spitzenkandidat das allerdings ausgeschlossen · wieder zulegen konnte, sind zwei Facetten des Kieler Wahlganges, die neben dem Resultat der Großparteien
zu vermerken sind.