Expertendebatte zu US-Außenpolitik. | Alpbach. Steht die Welt vor einem neuen Kalten Krieg? Diese Frage schwebt nach der Eskalation der Krise zwischen Russland und Georgien über den Politischen Gesprächen des Europäischen Forums im Tiroler Bergdorf Alpbach.
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Zalmay Mamozy Khalilzad, UNO-Botschafter der USA und zuvor im Irak und in Afghanistan im Einsatz, verbat sich in rarer Offenheit den Vergleich mit dem Kalten Krieg: Russland sei nicht die Sowjetunion - ökonomisch überrage Südkorea Moskau. Washington akzeptiere zwar "legitime Interessen" Moskaus, aber Wahl und Ausmaß der eingesetzten Mittel seien bei Georgien "inakzeptabel" gewesen. Den Beziehungen zwischen Washington und Europa prophezeite Khalilzad eine gute Zukunft, "wenn wir zusammenhalten und es gelingt, uns an neue Herausforderungen anzupassen". Und diese hießen Irak, Iran und Afghanistan.
Thomas Matussek, UN-Botschafter Deutschlands, sah vor allem die nächste US-Administration gefordert: Von dieser erwarte sich Europa die Rückkehr zu Multilateralismus, die Wiederaufnahme direkter Gespräche mit Staaten wie Syrien oder Iran sowie mehr Rücksichtnahme auf Moskau. So sei etwa die Nato-Erweiterung ein unfreundlicher Akt gegenüber Russland. Umgekehrt sieht aber auch Matussek Europa in der Bringschuld: An höheren Verteidigungsausgaben und mehr Soldaten in Afghanistan werde kein Weg vorbeiführen.
Die Hoffnungen auf direkte Verhandlungen etwa mit dem Iran dämpfte jedoch Michael Haltzel. Der außenpolitische Berater des demokratischen Präsidentschaftskandidaten Barack Obama meinte, "wenn man beginnt, mit dem Neurotiker in der Familie zu reden, besteht die Gefahr, dass die ganze Familie neurotisch wird". Paria-Staaten hätten auch in Zukunft kein leichtes Leben mit den USA.
Das war wiederum ganz im Sinne von Alexandr Vondra, Vize-Minister für Europäische Angelegenheiten in Prag: Er sieht in der Georgien-Krise einen Wendepunkt, der Russlands Übergang von aggressiver Rhetorik zu militärischem Handeln zeigt. "Im Verein mit der aufstrebenden Macht Chinas führt dies dazu, dass Europa und die USA auf absehbare Zeit aufeinander angewiesen sind", sagte Vondra. Das sei auch gut so.