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Der in 23 ORF-Jahren erfahrene Wolfgang Wagner und der jüngst zum Journalisten des Jahres gewählte Vizechef der "Salzburger Nachrichten", Andreas Koller, stemmten sich Sonntag in der ORF2-Pressestunde tapfer gegen die Wörterflut von Bundeskanzler Faymann. Ihre mit präziser Härte formulierten Fragen konterte ein kämpferischer Kanzler mit sich oft weit verzweigenden Antworten, um seine Botschaften abzusetzen. Und das zum Teil recht offenherzig, wodurch sein Engagement für eine Steuerreform knapp vor dem nächsten Urnengang hauptsächlich als Wahlhilfe für die SPÖ ankam.
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Auffallend war der klassenkämpferische Unterton wie auch sein Rückfall ins Klischee des simplen Populismus. Hatte man bei seiner klaren Verteidigung des EU-Rettungsschirmes vorerst noch den Eindruck, er habe aus dem Debakel seines Anti-EU-Leserbriefs an die "Kronen Zeitung" gelernt, kam dann der Satz: "Ich lasse mir doch nicht in Brüssel sagen, welche Steuern wir in Österreich einführen sollen oder wie lange wir arbeiten sollen." Als ob solch gravierende Änderungen in der EU ohne Zustimmung Österreichs beschlossen werden könnten. Da war sie wieder, die auch von vielen anderen Politikern praktizierte Doppelzüngigkeit, mit der oft in Brüssel mitbeschlossene Maßnahmen in Wien als EU-Willkür kritisiert werden.
Leider war die viel wesentlichere gegenseitige Blockade in der Koalition mit ihrer Folge des Reformstillstands kaum Thema der Pressestunde. Dem widmete sich erst "im Zentrum" am Abend mit "Aufstand gegen Stillstand - Das große Aufbegehren der Bürgergesellschaft" - ohne den Bundeskanzler.