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"Rückkehr zu Tangentopoli"

Von Rainer Mayerhofer

Politik

Bersani: Rechte hinterließ moralische und ökonomische Katastrophe.


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Rom. Einen Tag, nachdem Silvio Berlusconi in einem Interview mit dem staatlichen italienischen Fernsehprogramm RAI 3 Schmiergeldzahlungen im Ausland als "notwendiges Phänomen" und Kritik daran als "absurden Moralismus" bezeichnet hatte, äußerte Regierungschef Mario Monti im gleichen Programm die Befürchtung, das man wieder bei der Tangentopoli genannten Lage angelangt sei. Unter diesem Begriff waren die Schmiergeldskandale bekannt geworden, deren Auffliegen 1992/93 zum Zusammenbruch des damaligen politischen Systems geführt hatte.

Monti warf Berlusconi vor, in den vielen Jahren seiner Regierungszeit kein einziges Anti-Korruptionsgesetz beschlossen zu haben. Italien hätte als Mitglied der G8 auch auf internationaler Ebene in dieser Frage etwas unternehmen müssen, aber Berlusconis Partei habe auch seiner Regierung in diesem Bereich viele Steine in den Weg gelegt.

Monti warnte vor einem Mitte-Rechts-Sieg bei den Parlamentswahlen, der das Land in die Lage vom November 2011 zurückbringen würde. Gleichzeitig betonte er, dass es ihn verletzte, wenn die Faulenzer behaupten, dass sie ihm das Land 2011 in guter Verfassung übergeben hätten und er es an den Abgrund geführt habe. Wenn die Demokratische Partei mit ihrem Bündnispartner Nichi Vendola gewinne, wäre die Lage besser, aber der Weg der strukturellen Reformen würde nicht fortgesetzt werden.

Über mögliche Koalitionen hielt sich Monti bedeckt und meinte, es bestehe keine größere Möglichkeit einer Allianz mit dem Mitte-Links-Bündnis als mit einer Mitte-Rechts-Koalition ohne Berlusconi. Eine Koalition hänge von den Programmen ab, sagte Monti, der auch bestätigte, dass man ihm die Präsidentschaft für den Fall angeboten habe, dass er nicht bei den Wahlen antrete.

Bersani: Abwehr gegen Korruption wird schwächer

Der Premierskandidat der Demokratischen Partei, Pier Luigi Bersani, will noch nicht von einem neuen Tangentopoli sprechen, bedauerte aber eine sinkende Sensibilität gegenüber Korruption und Schmiergeld. "Die Antikörper wurden zerstört - und wenn man hört, dass jemand diese Praktiken verteidigt, versteht man, woher das Problem kommt", meinte Bersani unter Anspielung auf Berlusconis jüngste Aussagen. Man müsse deshalb darauf bestehen, dass die Justiz ihre Aufgaben erfülle. "Die langen Jahre, in denen die Rechte an der Macht war, haben zu einer sozialen, wirtschaftlichen, ethischen und moralischen Katastrophe geführt", sagte Bersani. Aufgabe einer Regierung sei es, nicht nur zu regieren, sondern wiederaufzubauen und mit klaren Signalen eine glaubwürdige Beziehung zu den Menschen wiederherzustellen.

Bersani unterstrich, dass die Möglichkeit, dass seine Koalition die Mehrheit im Senat verfehlt und er Unterstützung von Montis Seite brauche, aktueller denn je sei. Er stellte aber auch klar, dass er seine Allianz der linksökologischen SEL von Nichi Vendola, die wiederholt von Monti angegriffen wurde, nicht aufgeben werde.

Bersani gab sich überzeugt davon, dass seine Allianz länger halten werde als andere Koalitionen, die bei den Wahlen am kommenden Sonntag antreten. Vendola sei darüber hinaus ein Regionalpräsident; er wisse, wie man regiert und dass einige Kompromisse notwendig sind. Die Vorwahlen seiner Partei hätten klargemacht, wer den Verkehr dirigiert - und wenn es notwendig sei, werde er sich um dieses Problem kümmern, stellte Bersani klar.