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Rückkehr zum Erdtrabanten

Von Peter Wütherich

Wissen

Nasa-Sonden suchen Wasser auf dem Mond. | Vorarbeiten für künftige Besiedlung. | Washington. (afp) Der Nachbar ist fremd geblieben. Zwölf Menschen haben seit 1969 den Mond besucht, trotzdem wissen die Astronomen über manche Regionen des Erdtrabanten weniger als über den viel weiter entfernten Mars. Nun soll aber eine Renaissance der Mondforschung starten: An Bord einer Atlas-Trägerrakete will die US-Raumfahrtbehörde Nasa die beiden unbemannten Sonden LRO und LCROSS zum Mond schicken.


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Sie sollen eine der Kernfragen für eine mögliche Besiedlung des Erdtrabanten beantworten: Gibt es auf dem Mond Wasser, das Menschen dort ein Überleben sichern könnte?

Die bisher erforschten Regionen des Mondes sind trockener als jede Wüste auf der Erde. Sonnenstrahlen würden Wasser dort sofort verdampfen lassen. Die Nasa-Experten richten ihren Blick deshalb auf Extremregionen, die noch nie zuvor ein Mensch gesehen hat: Die Mondsonden sollen die Tiefen gigantischer Mondkrater erforschen, in die möglicherweise seit Milliarden Jahren kein Sonnenstrahl mehr gedrungen ist. In der Eiseskälte dieser sogenannten permanenten Schattenregionen könnte sich gefrorenes Wasser erhalten haben, das etwa durch Kometen auf den Mond gelangt sein könnte.

Teurer Wassertransport

Gipfeln wird die Mondreise in einer spektakulären Kamikaze-Mission. Eine der Mondsonden - LRO - wird sich 90 Minuten nach dem Start, der für die Nacht auf Freitag geplant war, von der Rakete trennen und Richtung Mond weiterfliegen, den sie ein Jahr lang umkreisen und kartografieren soll. Die zweite Sonde - LCROSS - aber bleibt mit der letzten Stufe der Atlas-Rakete verbunden, der Raketenteil dient später als Geschoss: Vier Monate lang bringt sich LCROSS für einen Einschlag in einem Mondkrater in Stellung, ehe im Oktober ein kosmisches Spektakel beginnt.

Mit der enormen Geschwindigkeit von 9000 Stundenkilometern wird die dann abgetrennte, Pkw-große Raketenstufe auf der Oberfläche einschlagen und eine Staubwolke von zehn Kilometern Höhe aufwirbeln. LCROSS durchfliegt die Wolke, sendet Messdaten über mögliche Wasserteilchen und andere Bestandteile zur Erde - und stürzt sich dann selbst in den Krater. Eine zweite Staubfontäne türmt sich auf, sie soll über Teleskope von der Erde aus untersucht werden.

Für die Nasa-Forscher ist die Mondmission wie eine Schatzsuche. Bisher schlägt ein halber Liter Wasser auf dem Mond mit etwa 50.000 Dollar zu Buche. So viel kostet es, eine solche Menge dorthin zu transportieren. Projektmanager Dan Andrews erhofft sich von LCROSS eine "definitive Antwort" auf die Frage, ob es auf dem Mond Wasser gibt oder nicht. Sein Nasa-Kollege Todd May erwartet, dass die Mission "uns die nötigen Informationen liefert, um die beste Entscheidung über die künftige Präsenz des Menschen auf dem Mond zu treffen".

Bis 2020 wollen die USA wieder Menschen auf dem Mond bringen, dieses Ziel hat der frühere US-Präsident George W. Bush vorgegeben. Das Wasser brauchen die künftigen Mondfahrer dabei nicht nur zum Trinken. Mondwasser könnte in seine chemischen Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt und zu Luft oder Raketentreibstoff umgewandelt werden. Selbst wenn es nur nutzbaren Wasserstoff gäbe, wäre den Mondfahrern geholfen.

Egal, ob die Sonden fündig werden oder nicht: Die Nasa verspricht, dass die LCROSS-Schwestersonde LRO die Mondoberfläche mit beispielloser Präzision fotografieren wird. Ziel ist es, einen idealen Landeplatz für eine bemannte Mission zu finden. So will die Nasa die Beinahe-Katastrophe des ersten Mondflugs 1969 vermeiden: Um ein Haar wäre die Apollo-11-Mission damals in einem Krater mit gefährlichen Felsbrocken niedergegangen. Neil Armstrong und Edwin Aldrin konnten gerade noch umsteuern, bei der knappen Landung neben dem Krater reichten die Treibstoffvorräte nur noch für 30 Sekunden Flug.