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Rückschlag für London

Von WZ-Korrespondentin Martyna Czarnowska

Politik

Großbritannien zieht seine EU-Klage gegen Deckelung von Banker-Boni zurück.


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Brüssel/Luxemburg. Großbritannien gegen EU-Regelungen: Zumindest in einem Fall sind die Chancen des Königreichs, geltende Unionsgesetze auszuhebeln, gesunken. Denn die von London abgelehnte Begrenzung der Sonderzahlungen für Banker ist rechtens, befand der Europäische Gerichtshof (EuGH). Und die Klage der Briten sollte abgewiesen werden. Das ist zwar noch kein Urteil, sondern erst die Meinung eines Generalanwalts. Doch dessen Empfehlung folgen die Richter in Luxemburg überwiegend. Aufgrund dieser Entwicklung hat am Donnerstag Abend Großbritannien seine Klage gegen EU-weite Begrenzung von Banker-Boni auch zurückgezogen.

Die Einschränkungen für Banker-Boni waren Teil neuer Vorschriften, mit denen die EU als Konsequenz aus der Finanzkrise den Geldhäusern strengere Regeln auferlegt hat. Dabei gab es die Ansicht, dass gerade das Prämiensystem seinen Beitrag zu den Verwerfungen geleistet hat. Denn die teils immensen Vergütungen verleiteten Angestellte dazu, unangemessen hohe Risiken einzugehen, um an kurzfristigen Gewinnen der Unternehmen beteiligt zu sein. Den Preis für das Scheitern der Geschäfte mussten dann teils aber die Steuerzahler übernehmen.

Die Gegenmaßnahme, die seit heuer gültig ist, sieht daher eine Begrenzung der Sonderzahlungen vor. Diese dürfen nicht höher ausfallen als das Festgehalt eines Bankers. Mit Zustimmung der Eigentümer des Finanzinstituts darf der Bonus höchstens doppelt so hoch wie das Gehalt sein. Außerdem müssen die Empfänger der Vergütung sowie deren Höhe weitgehend veröffentlicht werden.

Gegen all das hatte Großbritannien Einwände und klagte vor dem EuGH. Die Regierung fürchtete um die Attraktivität des Finanzplatzes London und argumentierte damit, dass die EU mit dem Eingriff in die Prämienzahlungen ihre Kompetenzen überschreite.

Das ließ der Generalanwalt jedoch nicht gelten. Zum einen würde "ein festgeschriebenes Verhältnis zwischen Bonuszahlungen und Grundvergütung" nicht die Gesamthöhe des Entgelts begrenzen. Das könne ja noch immer beliebig festgesetzt werden. Zum anderen sei es um die Schaffung eines "einheitlichen Regelungsrahmens für das Risikomanagement" gegangen - und das hätte "durch die nationalen Regierungen nicht besser als durch die Union erreicht werden können". Ziel sei immerhin mehr Stabilität für Banken in ganz Europa: Das sei durchaus eine Angelegenheit der EU.

Premier Cameron unter Druck

Auch die Offenlegung der Prämien verstoße nicht gegen die Vorschriften zum Datenschutz, da sie nicht zwingend sei, sondern "es sich vielmehr um eine Befugnis handelt, die im Ermessen der Mitgliedstaaten steht". Wollen die Behörden solche Informationen anfordern, müssten sie sich sowieso an die Regelungen zum Datenschutz halten.

Das Finanzministerium in London will nun die Entscheidung prüfen, der im kommenden Jahr ein Urteil des EuGH folgen soll. Doch ist es jetzt schon ein Rückschlag für die britische Regierung. Premierminister David Cameron, zunehmend unter Druck der EU-Gegner von Nigel Farages Partei Ukip, hatte nämlich angekündigt, das Verhältnis zwischen der Insel und der EU neu zu verhandeln. Etlichen EU-Regelungen steht das Königreich ablehnend gegenüber. Die Reformversuche Camerons seien aber vergeblich, spottete der Ukip-Mandatar im EU-Parlament Steven Woolfe.

Andere europäische Abgeordnete zeigten sich zufrieden mit der EuGH-Meinung. Es stärke das Vorhaben, ungesunde Anreize zu riskanten Geschäften zu vermeiden. "Sinn des Gesetzes ist, die Banken zu langfristigem Denken, anstatt zu kurzfristigem Gewinn anzuhalten", erklärte ÖVP-Mandatar Othmar Karas. Er war Chefverhandler der Volksvertretung bei der Bankenregulierung.