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Die "Österreichische Liga für Menschenrechte" zeigt auf, dass Österreich in Punkto Menschenwürde, gleichem Recht für alle und dem Recht auf Sicherheit für Frauen Schwächen hat.
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Wien. "Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren", besagt Artikel 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Diesen und weitere 29 für alle Menschen gültige Rechtsgrundsätze verkündeten die Vereinten Nationen erstmals am 10. Dezember 1948. Es sind international anerkannte Normen, die in der österreichischen Verfassung verankert sind.
Die Menschenrechte haben also heuer ihren runden, 70-jährigen Geburtstag. Trotzdem ist es kein Anlass für den Verein "Österreichische Liga für Menschenrechte", dessen Präsidentin Barbara Helige und Vorstandsmitglied Heinrich Neisser zu feiern. Der jährliche Befund zur Situation der Menschenrechte in Österreich zeigt Lücken im System und "drastische Rückschritte bei der menschenrechtlichen Kultur", so Helige, auf.
Schutz der Menschenwürde
Neben dem Artikel 1 geht es auch im Artikel 22 und 23 um die Würde des Menschen, und zwar jenen, wo es um die Rechte auf soziale Sicherheit und Arbeit, die eine der menschlichen Würde entsprechende Existenz sichert, geht. "Eigentlich wäre es Aufgabe der Öffentlichkeit, also der Medien und der politischen Parteien, die Menschenwürde zu verteidigen", sagt Helige, die langjährig auch als Präsidentin der Vereinigung der österreichischen Richterinnen und Richter tätig war.
Aber: Der Ton werde rauer, Menschen würden respektlos behandelt und verächtlich gemacht, sagt Helige: "Das geht hin bis zu Feindseligkeiten und blankem Hass. Solidarität mit den Schwächsten ist offensichtlich nicht mehr modern." Öffentliche Stellen, "sogar Ministerinnen und Minister", treten dem zu wenig entgegen, mehr noch: "Sie nehmen Verstöße gegen die Menschenrechte in Kauf." Ein solches Beispiel sei die vom Innenministerium veranlasste Nennung der ausländischen Staatsbürgerschaft bei Polizeieinsätzen: "Das soll Ängste schüren und die Kluft in der Bevölkerung vertiefen."
"Die Achtung und der absolute Respekt vor den Menschenrechten ist ein wesentlicher Teil der Zivilisation", sagt Neisser, früherer Zweiter Nationalratspräsident. In seinem Beitrag stellt er zu Österreich fest, dass die Rechtsstaatlichkeit im Allgemeinen funktioniere. Er sagt in seiner Analyse aber auch, dass unter Berufung auf Gründe der Sicherheit zunehmend Eingriffe in grundrechtsgeschützte Bereiche, wie etwa Presse- und Versammlungsfreiheit stattfänden: "Es besteht die Tendenz, dass die Politik scheibschenweise die Grundrechte begrenzt."
Gleichheit vor dem Gesetz achten
Artikel 7 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte besagt: "Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich und haben ohne Unterschied Anspruch auf gleichen Schutz durch das Gesetz." Kriminalsoziologe Arno Pilgram stellt in seinem Beitrag des Befunds zu den Menschenrechten in Österreich allerdings fest: "Gleiches Recht für alle scheint passé."
Während die Regierung an manchen Stellen Rechtsvorschriften lockere, etwa für Unternehmen, zeigt er am Beispiel der Novelle des Waffengesetzes "zweierlei Strafrecht für zwei Hälften der Bevölkerung" auf: Erleichterungen etwa für Hobbyjäger, Sportschützen oder Polizei- und Justizwachebeamte auf der einen Seite, zugleich "eine sachlich nicht begründete, aber symbolische Einschränkung" für Flüchtlinge und Drittstaatsangehörige: "Ihnen und nur ihnen ist jetzt auch Hieb- und Stichwaffenbesitz bei Strafe untersagt." Pilgram schließt daraus: "Eine solche polare Rechtsgestaltung besiegelt symbolisch eine gespaltene Gesellschaftl."
Recht auf Sicherheit
Artikel 3 besagt: "Jeder hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person." Maria Rösslhumer, Geschäftsführerin des Vereins Autonome Frauenhäuser, ortet Lücken im Gewaltschutz in Österreich: 32 Frauen seien 2018 bereits durch ihre aktuellen oder ehemaligen Partner oder Familienmitglieder ermordet worden.
Für mehr Schutz brauche es aber nicht strengeres Recht, Österreich habe bei den Gesetzen 20 Jahre lang eine Vorreiterrolle gehabt. "Es wäre wichtiger, den Strafrahmen auszuschöpfen," sagt Rösslhumer. Die Justiz müsse zudem Drohungen ernstnehmen, könne Untersuchungshaft gegen Täter verhängen, denn: "Die meisten Morde werden angekündigt und passieren nicht aus heiterem Himmel."