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Rückzieher bei Klimaschutz-Zielen

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

EU-Kommissarin Hedegaard empfiehlt keine Verschärfung. | Brüssel. Der Vorstoß der zuständigen EU-Kommissarin Connie Hedegaard für ein schärferes Klimaschutzziel war lange erwartet worden, blieb am Mittwoch aber aus. Zwar führen ihre Beamten in der präsentierten Analyse zahlreiche Vorteile für eine Aufstockung der Treibhausgasreduktion auf 30 Prozent bis 2020 gegenüber 1990 an.


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Die Kosten für die Gesundheitssysteme und die Versorgung mit fossiler Energie würden jeweils um zweistellige Milliardenbeträge pro Jahr zurückgehen. Darüber hinaus seien die noch vor zwei Jahren geschätzten Kosten für die Erreichung des bereits beschlossenen 20 Prozent-Ziels von 70 Milliarden Euro im Jahr 2020 auf 48 Milliarden zurückgegangen. Vergleichsweise überschaubare weitere 33 Milliarden schätzen die Kommissionsexperten für die Erreichung des 30 Prozent-Ziels. Grund dafür sei auch der Rückgang der Preise für die Emissionszertifikate auf durchschnittlich rund 16 Euro. Doch genau das berge auch das Problem, dass Investitionen in grüne Technologie weniger attraktiv würden, warnte Hedegaard. Erst bei rund 30 Euro rentierten sie sich.

Dennoch könne sie vor dem Hintergrund fehlender Zugeständnisse anderer internationaler Partner und der "gegenwärtigen Umstände" derzeit keine Empfehlung über minus 20 Prozent hinaus abgeben, sagte die Kommissarin: "Die Frage, ob unser Reduktionsziel von 20 Prozent auf 30 Prozent angehoben werden soll, ist eine politische Entscheidung, welche die leitenden Politiker zu gegebener Zeit treffen müssen. Die Überwindung der Euro-Krise hat unmittelbare Priorität." Ihre Analyse diene lediglich als Unterlage für weitere Diskussionen.

Wenig begeistert über Hedegaards Schritt zeigte sich der einflussreiche Vorsitzende des Umweltausschusses im EU-Parlament: "Ich weiß, dass die Abteilung Hedegaard und sie selbst mehr wollen", sagte Jo Leinen zur "Wiener Zeitung". Ihre Aussagen seien der Ausfluss der Krise und des Gegenwinds, den sie auch innerhalb der EU-Kommission erhalten habe. Die Nicht-Empfehlung "halte ich für ein eher taktisches Manöver", erklärte der SPD-Europaabgeordnete. In der Diskussion verlasse sich die Dänin offenbar auf Spieler, die sich vehement für das 30 Prozent-Ziel einsetzten. Dazu gehörten das EU-Parlament und einige Mitgliedstaaten. So nimmt der verschärfte Klimaschutz einen prominenten Platz im neuen britischen Koalitionsabkommen ein. Die Wirtschaftsminister Österreichs, Deutschlands und Frankreichs haben dagegen schon abgewunken.