Zum Hauptinhalt springen

Rückzug im letzten Moment

Von Walter Hämmerle

Politik

Hofburg-Wahl: ÖVP-Chef hält sich Antreten offen. | Leitl lobt Fischer, FPÖ spottet über Erwin Pröll. | Wien/St. Pölten. "Erwin Pröll soll bei uns bleiben!", so verlieh die "Krone" am Dienstag der angeblichen Sorge der Niederösterreicher vor einem Verlust ihres Landeshauptmanns auf der Titelseite Ausdruck. Damit war die Sache mit einer Kandidatur Prölls bei den Bundespräsidentschaftswahlen im kommenden Frühjahr de facto gegessen - die "Krone" verfügt in solchen Fragen bekanntlich über einen sehr kurzen Draht ins Landhaus nach St. Pölten.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 15 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Die offizielle Bestätigung war also nur noch eine Formalität: "Ich bleibe Landeshauptmann in Niederösterreich", zitierte ihn die "Presse" am Dienstag zur Mittagszeit. Zuvor hatte ÖVP-Chef Vizekanzler Josef Pröll eine entsprechende Erklärung seines Onkels beim Pressefoyer nach dem Ministerrat angekündigt. Erwin Pröll begründete seinen überraschenden Schritt damit, dass ihn viele Bürger an sein Wahlversprechen vom Landtagswahlkampf 2008 erinnert hätten, in dem er versprochen habe, die vollen fünf Jahre als Landeshauptmann im Amt zu bleiben.

Völlig offen ist nun, wie es in Sachen Bundespräsidentschaftskandidatur für die Volkspartei weitergeht. Eine Unterstützung von Amtsinhaber Heinz Fischer - sofern sich dieser für ein erneutes Antreten entscheidet, womit jedoch allgemein gerechnet wird - hat die ÖVP vom Parteichef abwärts wiederholt dezidiert ausgeschlossen.

Bleibt jedoch die Frage, ob die ÖVP auch jetzt, nach der Absage ihres wohl aussichtsreichsten Kandidaten, einen eigenen Bewerber für die Wahl im April ins Rennen schicken wird.

Kommt gemeinsamer bürgerlicher Kandidat?

"Am besten wäre es, das bürgerliche Lager würde einen unabhängigen Kandidaten aufstellen. Er hätte alle Chancen", meint dazu Leider-nein-Kandidat Erwin Pröll in der "Presse". Die Siegchancen sieht er jedenfalls intakt, seien doch viele mit Fischer unzufrieden: Dessen Amtsführung gefährde die grundsätzliche Legitimation des Bundespräsidentenamts, so Pröll. Die Letztentscheidung in dieser Frage stehe jedoch dem Parteiobmann zu.

Dieser hat sich in der Vergangenheit unter Verweis auf das staatstragende Selbstverständnis der ÖVP tendenziell für eine eigenständige Kandidatur ausgesprochen, sich aber zugleich auch stets eine Hintertür offen gelassen. Am Dienstag blieb Josef Pröll bei seiner bisherigen Linie: Die Volkspartei werde die Entscheidung von Fischer über eine Wiederkandidatur abwarten und danach klären, ob und mit wem sie ins Rennen um die Hofburg einsteige. Gelegenheit für klarere Aussagen in dieser Frage hätte der ÖVP-Obmann am heutigen Mittwoch, hält er doch im Finanzministerium eine Grundsatzrede zum "Projekt Österreich".

Demonstratives Lob für den Amtsinhaber kommt unterdessen von Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl: Fischer mache aus der Sicht der Wirtschaft seine Sache sehr gut.

Fischers Entscheidung wird im Laufe des Herbstes erwartet. Gut möglich, dass er seine alljährliche Rede anlässlich des Nationalfeiertags am 26. Oktober für eine Erklärung in eigener Sache nutzt.

"Hätti-wari" der Hofburg: FPÖ verhöhnt Pröll

Hohn und Spott für Erwin Pröll hat die FPÖ übrig. Offenbar handle es sich bei ihm um den ewigen "Hätti-wari" der Hofburg, erklärte Generalsekretär Herbert Kickl. Er befürchtet einen rot-schwarzen Deal im Hintergrund als Grund für die überraschende Absage des Landeshauptmanns Niederösterreichs.

Zitate

"Ich würde Erwin Pröll schon gerne als Nummer eins unseres Staates sehen, nämlich als unseren nächsten Bundespräsidenten, falls der jetzige auf eine neue Kandidatur verzichten sollte".
"Krone"-Herausgeber Hans

Dichand startet Mitte Juni eine monatelange Kampagne für Erwin Pröll als Bundespräsidenten*

"Ich kenne keine Persönlichkeit in der Republik, die mit einer solchen Reputation ausgestattet ist, wie Erwin Pröll. Mit ihm hätten wir sicher die größten Chancen."
Der steirische ÖVP-Chef

Hermann Schützenhöfer ist gleich Feuer und Flamme*

"Wir haben Zeit und wir haben Ruhe, weil wir genug Kandidaten haben."
Pröll-Neffe und ÖVP-Chef

Josef Pröll will sich aber nicht drängen lassen*

"Meine politischen Entscheidungen habe ich noch nie von Entscheidungen anderer abhängig gemacht, weder von Personen noch von Institutionen."
Erwin Pröll*

"Wenn der amtierende Bundespräsident Heinz Fischer erklärt, er möchte weitermachen und ohnedies schon angekündigt hat, er möchte der Kandidat aller Österreicherinnen und Österreicher sein, dann sollte man sich die Volkswahl sparen."
Franz Fischler schert aus dem ÖVP-Chor der Pröll-Fans aus*

"Wenn Sie so wollen, dann haben wir das eigentlich schon verbockt."
Schützenhöfer schwant

schon früh Böses*

"Heinz Fischer ist sicher kein ÖVP-Kandidat. Er kommt aus dem Herzen der SPÖ und hat sich immer wieder in den entscheidenden politischen Debatten durch die rote Brille geäußert"
ÖVP-General Fritz Kaltenegger weiß, was die Volkspartei sicher nicht will*

"Wenn Erwin Pröll sagt, es würde ihn reizen für die Hofburg zu kandidieren, dann ist die Entscheidung für mich klar. Wenn er will, tritt er an."
Josef Pröll, ganz Neffe*

"Fakt ist: Sie werden von mir noch nie gehört haben, ich will Bundespräsident werden. Aber Sie haben allerdings auch noch nie das Gegenteil von mir gehört."
Erwin Pröll, Dialektiker*

"Es ist so, dass eindeutig mehr Gründe für die Kandidatur sprechen als

dagegen."
Josef Pröll sagt ja zu einer eigenständigen Kandidatur der ÖVP, und gleichzeitig auch wieder nicht*

"Er ist den Niederösterreichern im Wort und ein Erwin Pröll ist bekannt dafür, dass er zu seinem Wort steht."
"Krone"-Redakteur Peter Gnam leitet den Rückzieher einSiehe auch:Analyse: Schade um ein spannendes Hofburg-Duell und ein PR-Desaster für die ÖVP