In der Ukraine-Affäre soll Trumps persönlicher Anwalt eine regelrechte Schattenaußenpolitik zum Nutzen des US-Präsidenten betrieben haben.
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Washington. Knapp zehn Stunden musste Fiona Hill den Abgeordneten des Repräsentantenhauses zur Ukraine-Affäre Rede und Antwort stehen. Bemerkenswert war aber nicht nur die Länge der Vernehmung der 54-jährigen Karrierediplomatin, die bis vor kurzem noch die ranghöchste US-Regierungsberaterin für Russland und europäische Angelegenheiten war, sondern auch der Inhalt von Hills Aussage. Denn allein das, was aus der nicht-öffentlichen Anhörung nach außen gedrungen ist, dürfte aus Sicht der Demokraten wohl Grund genug für die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens wegen Machtmissbrauchs gegen Präsident Donald Trump sein.
So soll Trumps persönlicher Anwalt Rudy Giuliani noch bevor der US-Präsident seinen ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj in einem Telefonat unverhohlen zu Ermittlungen gegen den Sohn des demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden ermunterte, eine regelrechte Schattenaußenpolitik betrieben haben, um Druck auf die Ukraine auszuüben. Die Aktivitäten, an denen auch der US-Botschafter bei der EU, Gordon Sondland, und der kommissarische Stabschef des Weißen Hauses, Mick Mulvaney, beteiligt gewesen seien, sollen dabei ganz bewusst an den offiziell für die Ukraine zuständigen Personen und Abteilungen vorbei erfolgt sein. Sondland - ein Hotel-Unternehmer, der Trump im vergangenen Wahlkampf mit mehreren Großspenden unterstützt hat - soll Hill dabei auch erklärt haben, dass er sich auf persönlichen Wunsch des Präsidenten in der Ukraine einschalte.
Bolton hochgradig besorgt
Hill zufolge sei Trumps früherer Nationaler Sicherheitsberater John Bolton wegen Giulianis Machenschaften und einem heftigen Streit darüber sogar so besorgt gewesen, dass er sie angewiesen habe, den Chefjuristen des Nationalen Sicherheitsrates zu informieren. Laut Hill soll Bolton dabei gesagt haben, dass er kein Teil des "Drogen-Deals" sein wolle, den Giuliani und Mulvaney, "ausheckten". Bereits zuvor soll der damalige Nationale Sicherheitsberater Trumps Anwalt als "Handgranate, die uns alle in die Luft sprengt", bezeichnet haben.
Gegen Giuliani wird derzeit ermittelt. Dabei geht es unter anderem um die Frage, ob der ehemalige Bürgermeister von New York in der Ukraine-Affäre Lobbyinggesetze gebrochen hat, die verdeckten ausländischen Einfluss verhindern sollen. Die von Hill erhobenen Vorwürfe weist Giuliani jedenfalls kategorisch zurück. Er kenne Hill nicht und könne sich "keinen Reim darauf machen, worüber sie spricht", sagte der Anwalt gegenüber der "Washington Post". All seine Kontakte mit der Ukraine seien vom Außenministerium organisiert worden, es gebe nichts, was im Nebel stattgefunden habe.
Weitere Anhörungen geplant
Klarer könnten die Hintergründe der Ukraine-Affäre aber noch in dieser Woche werden, denn im US-Repräsentantenhaus sind noch fünf weitere Anhörungen hinter verschlossenen Türen geplant. Neben Botschafter Sondland sollen auch noch weitere Mitarbeitern des Außenministeriums aussagen. Es ist jedoch unklar, ob alle Geladenen tatsächlich zu den Terminen erscheinen. Trump hatte zuvor jegliche Kooperation abgelehnt.(rs)