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Ruf nach der nächsten Gandhi

Von Alexander U. Mathé

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Priyanka Gandhi - Tochter, Enkelin und Urenkelin ehemaliger indischer Premiers - ist für viele die letzte Hoffnung der Kongresspartei.


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Priyanka Gandhi soll es bei den Wahlen 2019 richten. Das wünschen sich viele in der krisengebeutelten indischen Kongresspartei. Die hat seit Ende der 1980er Jahre einen kontinuierlichen Abstieg erlebt, bis hin zum Tiefpunkt bei den Wahlen 2014, als sie nicht einmal mehr zehn Prozent der Sitze im Parlament ergattern konnte. Dabei war die Partei in Indien den Großteil der Zeit seit der Unabhängigkeit 1947 an der Macht, und der zu ihr gehörige Nehru-Gandhi-Clan stellte immerhin drei Premierminister. Es wäre also durchaus passend, dass die Tochter, Enkelin und Urenkelin ehemaliger Premierminister der Partei und ihrer Familie zu neuem Glanz verhilft. Eigentlich soll ja ihr Bruder Rahul Gandhi der neue Frontmann der Kongresspartei sein. Doch viele sind inzwischen überzeugt, dass die Parteipräsidentin und Mutter der beiden, Sonia Gandhi, den falschen Kronprinzen aufgebaut hat. Priyankas Bruder gilt als schwach und unsicher. Priyanka hingegen wird von vielen vergöttert. Ihrem Einsatz als Wahlkampfhelferin soll Rahul es auch ausschließlich zu verdanken haben, dass er bei den letzten Wahlen mit Müh und Not seinen Parlamentssitz retten konnte. Zu den herausragenden Eigenschaften der 45-jährigen Mutter von zwei Kindern zählen ihre Volksnähe und ihre Fähigkeit, schnell eine Verbindung zu den Massen aufzubauen. Einmal riss ihr bei einer Veranstaltung der Riemen einer Sandale. Sie ging einfach ohne weiter, barfuß - undenkbar in Indien für eine hochgestellte Person wie sie. Hinzu kommt noch die frappierende Ähnlichkeit zu ihrer Großmutter, Indira Gandhi. Es war ein einschneidendes Ereignis für die 12-jährige Priyanka, als die damalige Premierministerin einem politischen Attentat durch ihre Leibwächter zum Opfer fiel. Als Priyanka dann 19 Jahre alt war, wurde ihr Vater, Ex-Premierminister Rajiv Gandhi, von Terroristen ermordet. Darin begründet könnte auch der Schönheitsfehler an den in Priyanka Gandhi gesetzten Hoffnungen liegen. Denn bisher hat sie sich gegen eine aktive politische Laufbahn gewehrt. Hier werden Erinnerung an ihre Mutter Sonia wach, die nach dem Sieg der Kongresspartei im Jahr 2004 auf die Ernennung zur Premierministerin verzichtet hat und lieber im Hintergrund als Parteichefin die Fäden zieht. Auch Priyanka ist alles andere als unpolitisch. Sowohl 1998 als auch 2004 spielte sie eine zentrale Rolle im Wahlkampf ihrer Mutter und half danach ihrem Bruder, ohne jedoch jemals ein politisches Amt zu bekleiden oder politisch aktiv zu werden. Doch vor kurzem kam es zu einer überraschenden Entwicklung: Wenige Wochen vor den Wahlen im wichtigen Bundesstaat Uttar Pradesh trat Priyanka als Drahtzieherin einer Allianz zwischen der Kongresspartei und den regierenden Sozialisten öffentlich in Erscheinung. Seither schöpfen ihre Anhänger wieder Hoffnung, sie könnte doch den Schritt in die aktive Politik wagen.