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Ruf nach Investitionen wird lauter

Von WZ-Korrespondentin Martyna Czarnowska

Politik

Finanzminister beraten Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft - Kommission will mit EU-Mitteln private Projekte fördern.


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Mailand. Mit einem Kleinwagen zum Spitzentreffen: Zur ersten Zusammenkunft mit seinen Amtskollegen aus der EU rollte der österreichische Finanzminister Hans-Jörg Schelling mit einem neuen Fiat-Modell an. Werden die Politiker sonst mit den üblichen Diplomatenlimousinen zu den EU-Sitzungen gefahren, konnte das derzeitige Vorsitzland Italien den Transport der Minister mit Werbung für heimische Autos verbinden. Ob diese effektiv war und zur Ankurbelung der Wirtschaft beitragen wird, ist freilich völlig offen. Das Thema Konjunkturbelebung stand jedenfalls auf der Agenda des Treffens in Mailand ganz oben.

Der Weg dahin könne nur über Reformen führen, stellten die Finanzminister der Eurozone fest. Dabei steht unter anderem zur Debatte, wie die Steuerlast beim Faktor Arbeit verringert werden könnte. Die Differenz zwischen Nettolöhnen und Lohnkosten sollte für die Unternehmen so sein, dass ihre Investitionsfähigkeit gestärkt wird, erklärte der deutsche Ressortchef Wolfgang Schäuble. Das wird zwar regelmäßig in den wirtschaftlichen Empfehlungen der EU-Kommission für die Mitgliedstaaten erwähnt, jedoch ist eine ernsthafte Diskussion darüber erst im Anfangsstadium.

Ähnlich wie jene über einen neuen Investitionsschub. Der Ruf danach wird allerdings immer lauter und war auch bei der Zusammenkunft der Minister der gesamten EU zu hören, die einander nach der Sitzung der Eurogruppe trafen. Deutschland und Frankreich hatten schon rechtzeitig vorher ihre Vorstellungen schriftlich dargelegt. Berlin und Paris weisen darauf hin, dass das Investitionsniveau in der EU mittlerweile um 15 Prozent niedriger liege als vor der Finanzkrise. Doch sollten die Länder "selbst in einer schwierigen Haushaltslage" sicherstellen, dass eine angemessene Infrastruktur gewahrt werde. Unterstützung könnte dabei nicht zuletzt von der Europäischen Investitionsbank (EIB) kommen, die stärker als bisher auch riskantere Projekte fördern und damit mehr private Investoren ermuntern könnte.

Zusätzliche Anreize - politische wie ökonomische - wünscht sich ebenfalls Mario Draghi. Der Präsident der Europäischen Zentralbank forderte die Länder zu mehr Investitionen auf. Denn während die Wirtschaft der USA bereits ihr Vorkrisenniveau erreicht habe, sehe die Lage in der Eurozone weniger gut aus. Nur durch strukturelle Reformen, Finanz- und Geldpolitik "Hand in Hand" könnten die Probleme gelöst werden.

Druck auf die Mitgliedstaaten möchte auch die EU-Kommission ausüben. Ihr künftiger Präsident Jean-Claude Juncker hat bereits angekündigt, einen Investitionsplan mit einem finanziellen Umfang von 300 Milliarden Euro
ausarbeiten zu lassen. Seine Überlegungen dazu präsentierte Währungskommissar Jyrki Katainen beim Treffen der Finanzminister.

Öffentliche und private Investitionen müssten auf nationaler aber auch EU-Ebene unterstützt werden, erklärte Katainen. Länder, die Überschüsse aufweisen, sollten sich dazu sogar verpflichten. Und alle zusammen sollten Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie in wichtige Infrastruktur zu ihren Prioritäten erklären. Die zusätzlichen EU-Mittel aber, die zu mobilisieren sind, sollen in erster Linie privaten Investitionen zugute kommen. Eine weitere Herausforderung werde laut Katainen sein, die richtigen Instrumente zu finden, den Binnenmarkt - etwa für digitale Produkte - zu vollenden.

Antworten darauf zu finden, wird auch in der künftigen Kommission eine der Aufgaben des Finnen sein. Als einer der Vizepräsidenten, der das entsprechende Projektteam aus Kommissaren leitet, übernimmt er in der neuen Behörde die Bereiche Arbeitsplätze, Wachstum, Investitionen und Wettbewerbsfähigkeit.

Österreichs Minister Schelling fühlte sich bei seiner ersten Sitzung übrigens "sehr freundlich" aufgenommen. Spontane Einladungen zu Antrittsbesuchen habe er gleich mehrere erhalten.