Österreich und Deutschland fordern vertiefte Zusammenarbeit ein.
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Brüssel. Die Leidenschaft. Ohne sie soll auch die Politik nicht auskommen. So deklariert das zumindest der deutsche Außenminister Guido Westerwelle: Vernunft, aber eben auch Leidenschaft sei nötig, um Europa aus der Krise - nicht zuletzt einer des Vertrauens - zu helfen, erklärte er bei einer Konferenz in Berlin.
"Der Wert Europas" lautete der Titel der Veranstaltung, und so warnte der Minister davor, in der Verteidigung der Werte und Interessen nachzulassen. "Auf anderen Kontinenten wächst das Selbstbewusstsein. In Europa wachsen die Zweifel. Das ist nicht gesund", sagte Westerwelle.
Stattdessen sollte die EU handlungsfähiger, transparenter und demokratischer werden. Doch müssten diese Schlagwörter auch mit einer Aktionsanleitung bereichert werden, findet der deutsche Minister. Und nicht nur er: Mit zehn seiner Amtskollegen hat Westerwelle am Montagabend in Warschau einen Bericht verabschiedet, der Vorschläge für eine Weiterentwicklung der Union liefert. Darin plädiert die sogenannte Zukunftsgruppe für stärkere Zusammenarbeit auf wirtschaftlicher und außenpolitischer Ebene.
Die elf Staaten, zu denen neben Deutschland und Österreich auch Belgien, Dänemark, Frankreich, Italien, Luxemburg, die Niederlande, Polen, Portugal und Spanien gehören, plädieren etwa für eine gewichtige europäische Budgetkontrolle und eine stärkere EU-Kommission. Ebenso könnte an die Stelle des derzeitigen Internationalen ein Europäischer Währungsfonds treten, indem der Euro-Rettungsschirm ESM dazu ausgebaut wird.
Zwist um Vertragsänderung
Das Papier soll ein Beitrag zur Debatte um eine stärkere Wirtschafts- und Währungsunion sein, zu der in den kommenden Wochen EU-Spitzenpolitiker ein anderes Dokument vorlegen wollen. Dieses enthält dann die Vorschläge der Präsidenten des EU-Rats, der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank sowie der Euro-Gruppe und soll beim nächsten EU-Gipfeltreffen im Oktober diskutiert werden.
Die Ideen der Außenminister gehen aber über rein ökonomische Fragen hinaus. So gibt es auch institutionelle Denkanstöße: Die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik sollte gestärkt werden, ein Europäischer Grenzschutz wäre denkbar, und einige Länder können sich auch mit der Möglichkeit der Direktwahl des Kommissionspräsidenten anfreunden, der eine potenzielle europäische Regierung bestimmt.
Dass es aber zur rechtlichen Vorbereitung darauf Meinungsunterschiede gibt, zeigt das Ministerpapier ebenfalls. Die "meisten Mitglieder der Gruppe" sind nämlich der Auffassung, dass weitere Integrationsschritte auch außerhalb der EU-Verträge gesetzt werden könnten. Sollten Änderungen des Rechts nötig sein, könnte das mit einer "super-qualifizierten Mehrheit der Mitgliedstaaten und ihrer Bevölkerungen" erfolgen, finden die einen. Das gefällt anderen wiederum wenig. So befürchten Nicht-Euro-Länder eine Abkoppelung des gemeinsamen Währungsraums.