Georgien bemüht sich um die Abschaffung der Visumpflicht - und wird vertröstet.
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Giorgi Margwelaschwili wollte keine Anzeichen von Enttäuschung zeigen. Er sei durchaus zufrieden mit der Zusammenarbeit mit der Europäischen Union und den Fortschritten, die diese mache, erklärte der georgische Präsident vor wenigen Tagen bei einem Besuch in der EU-Hauptstadt Brüssel. Die Formel gehört zum üblichen diplomatischen Repertoire, vor allem wenn der Verhandlungspartner daneben steht. In diesem Fall war es EU-Kommissar Johannes Hahn, der für Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsgespräche zuständig ist. Auf diese kann sich Georgien zwar derzeit so gut wie gar keine Hoffnungen machen. Doch zumindest ein Zugeständnis von der Gemeinschaft hätte die Regierung in Tiflis gern: die Aufhebung der Visumpflicht für ihre Landsleute.
Bisher hat das nur einer von jenen sechs Staaten erreicht, die das Programm der so genannten östlichen Partnerschaft umfasst. Moldawier dürfen mittlerweile ohne diesen Sichtvermerk im Pass in die EU reisen. Georgier brauchen wie Ukrainer, Armenier, Aserbaidschaner und Weißrussen weiterhin ein Visum. Und nur die ersten zwei können damit rechnen, dass sich das in absehbarer Zeit ändert.
Ginge es nach der Regierung in Tiflis, würde dieser Zeitpunkt schon Ende der kommenden Woche fixiert. Da kommen nämlich die Staats- und Regierungschefs der EU zu einem Gipfeltreffen mit ihren Amtskollegen aus den östlichen Partnerländern zusammen. Dazu laden die Letten, die derzeit den EU-Vorsitz innehaben, in ihre Hauptstadt Riga ein. Seit Wochen machen die Georgier daher schon Werbung für ihr Anliegen, und sie werden es wohl auch Anfang der Woche tun, wenn der österreichische Präsident Heinz Fischer bei ihnen zu Gast ist. Doch immer wieder wurden sie vertröstet - wie Giorgi Margwelaschwili zuletzt in Brüssel, der dies eben mit diplomatischer Höflichkeit kommentierte. Die Kommission streicht zwar die Fortschritte des Landes hervor. Doch müsse Tiflis noch mehr Anstrengungen für die Visaliberalisierung unternehmen. So gelte es, weitere Verbesserungen im Asylbereich durchzuführen oder die Korruptionsbekämpfung zu verstärken.
Georgien aber argumentiert damit, dass eine verbindliche Zusage der EU ein starkes Signal auch an Russland wäre, das seinen Einfluss in der Gegend geltend machen will. Die ehemalige Sowjetrepublik hat sich schon vor Jahren für ihre Richtung entschieden: näher an die EU. Eine andere Wahl blieb ihr auch kaum. Seit dem Einmarsch russischer Truppen in die nun abtrünnigen Regionen Abchasien und Südossetien 2008 sind die Beziehungen zu Moskau alles andere als innig. Das traf auch die georgische Wirtschaft, die unter dem russischen Einfuhrembargo für Wein und andere Produkte litt.
Doch obwohl sich das Land von seinem früheren Handelspartner unabhängiger machen musste, bleibt es von den Auswirkungen der ökonomischen Krise Russlands wegen des Konflikts um die Ukraine trotzdem nicht verschont. Schon stufte die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung ihre Prognosen für das Wirtschaftswachstum Georgiens auf 2,3 Prozent herab. Wie sehr die nun versprochenen Darlehen der EU zur Ankurbelung beitragen, wird sich erst weisen.