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Ruhe bewahren und weitermachen in Wien

Von Siobhán Geets

Politik
Gelassene Ungewissheit: "Bobby’s"-Manager McGregor.
© Kati Bruder

Der bevorstehende Brexit könnte den britischen Foodstore "Bobby’s" in Wien Wieden hart treffen. Große Sorgen macht man sich dennoch keine.


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Wien. David McGregor wirkt nicht wie jemand, der sich schnell aus der Ruhe bringen lässt. Dabei wären Sorgen durchaus angebracht: Der 54-Jährige betreibt mit "Bobby’s Foodstore" in Wien Wieden und "Little Bobby’s Takeaway" auf der Mariahilfer Straße gleich zwei kleine Geschäfte, die britische Produkte und Lebensmittel vertreiben - und mit dem Brexit vor ganz neuen Herausforderungen stehen.

Im "Bobby’s Foodstore" ist so gut wie jedes Klischee der britischen Kulinarik vorhanden: von Shortbread und Dosensuppen über gewöhnungsbedürftige britische Schokoladen, Chips mit einfallsreichen Geschmacksrichtungen (Shrimpscocktail, Salz und Essig) und dem weltweit polarisierenden Brotaufstrich Marmite bis hin zu Tee, Marmeladen und Backmischungen. Am besten geht Cider, auch Whiskey und Bier verkaufen sich gut.

An der Kassa steht Owen, ein junger Brite, der seit sechs Jahren in Österreich lebt. Er macht sich Sorgen um seine Zukunft, die Unsicherheit belastet ihn sehr. Vor einem Jahr haben Owen und seine österreichische Verlobte ihren Hochzeitstermin vorgezogen, um noch vor dem für Ende März geplanten Brexit zu heiraten. Doch dann kam es ganz anderes, der EU-Austritt wurde zwei Mal verschoben. Und auch, wenn der Brexit am Freitag vollzogen wird, ändert sich zunächst kaum etwas.

Sehnsucht nach der Insel

Zwar ist ein "harter Brexit", also ein EU-Austritt ohne Vertrag, vorerst vom Tisch. Doch weiß niemand, wie die Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien künftig aussehen werden. In der Übergangsphase bis Ende des Jahres bleibt fast alles beim Alten, in dieser Zeit müssen London und Brüssel ein Freihandelsabkommen vereinbaren. Im schlimmsten Fall gelingt das nicht, im besten fallen zumindest keine Zölle auf Waren an.

Bisher hat McGregor vom Brexit nicht viel bemerkt. Im Dezember kamen die Bestellungen verspätet an - für die Jahreszeit durchaus üblich. Derzeit liefern britische und österreichische Speditionsunternehmen. Wie das in einem Jahr sein wird, kann McGregor nicht sagen.

Sollten nach dem Ende der Übergangsphase Zölle anfallen, muss McGregor die Produkte teurer verkaufen. Doch auch das bereitet ihm keine Sorgen. Mit seinen Spezialitäten sei "Bobby’s" ohnehin beinahe ein "Luxus-Shop", die Kunden kommen aus Sehnsucht nach der Insel und würden wohl auch mehr zahlen. "Egal, was passiert, die Menschen werden Boris Johnson und dem Brexit die Schuld geben und nicht uns", sagt McGregor. Das sei durchaus tröstlich.

Der Brexit als Imageschaden

Rund die Hälfte der Kunden seien Briten, der Rest Österreicher. "Viele mögen Britannien, finden es cool", sagt McGregor. Insofern habe der Brexit Auswirkungen auf das Geschäft: Das Image des Königreichs als "Cool Britannia" habe unter dem Chaos der vergangenen Jahre gelitten. Die endlosen Streitereien in London, die Uneinigkeit im britischen Parlament. "Die Leute fragen sich: Was ist da los?"

Im Shop hängt ein Plakat mit dem Union Jack. "Keep Calm And Carry On" steht darauf, das beschreibt McGregors Gelassenheit gut. Ganz unvorbereitet wird aber auch "Bobby’s Foodstore" nicht in den tatsächlichen Brexit Ende des Jahres gehen. Im Dezember wird McGregor sicherheitshalber Vorräte anlegen.