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Was passiert in der Bundesregierung, falls die ÖVP ungeachtet eines Tiroler Triumphes in den oberösterreichischen Landtagswahlen ein klitzekleines Minus schreibt und vor allem die FPÖ in Oberösterreich und Tirol unter die 10 Prozent-Marke plumpst? Parteiintern wird es jeweils heißen, dass die Bundespolitik schuld wäre.
Die ÖVP könnte sich in Wahrheit entspannt zurücklehnen. Die absolute Mehrheit in Tirol wird gewonnen, jeder Prozentpunkt mehr von 50 in Richtung 60 Prozent vergrößert die Freude der Bundespartei (oder auch nicht, wenn laute Stimmen aus Tirol weniger geschätzt werden), ist aber für den ohnedies sicheren Erfolg irrelevant. Einige Prozentpunkte mehr oder weniger in Oberösterreich machen gleichfalls wenig machtpolitischen Unterschied.
Aber ein noch so kleiner Verlust würde aufgrund der Symbolik die parteiinternen Zwischenrufe gegen die Bundesregierung in den 2004 wahlkämpfenden Ländern, insbesondere in Salzburg, dramatisch erhöhen. Es kann eine gefährliche Eigendynamik entstehen, obwohl aus rationaler Sicht für die ÖVP kein Grund besteht, die Regierung in Frage zu stellen. Die Wahlergebnisse sind akzeptabel bis sehr erfreulich, in bundesweiten Umfragen liegt man mittelprächtig und alle Vorhaben werden dank des nicht konkurrenzfähigen Regierungspartners in der gewünschten Form durchgebracht.
Emotional ist die Sache schwieriger, weil eine unberechenbare FPÖ die Gelassenheit der ÖVP strapaziert. Wenn Regierungsgespräche mehr psychotherapeutisch als inhaltlich konstruktiv sind und man täglich von Kehrtwendungen des FPÖ-Chefs überrumpelt wird, könnten auch die Nerven weggeworfen werden.
Für die FPÖ ist unbestritten, dass sie in den Landtagswahlen den größten Einbruch in der Parteigeschichte erleidet. Ob und wie weit eine Partei, die zuletzt jeweils etwa 20 Prozent der Stimmen erhielt, unter 10 Prozent fällt, sollte vergleichsweise unerheblich sein. Wenn die FPÖ angesichts der wilden Flucht früherer Anhänger die Regierung zum Platzen bringt, ist das schon jetzt argumentierbar.
Seit den Nationalratswahlen gibt es nur zwei logische Strategien: Entweder der verzweifelte Versuch einer Konsolidierung in der Regierung, um sich selbst und die sich im freien Fall befindliche Anhängerzahl zu stabilisieren. Oder man zieht die Reißleine, lässt die Koalition platzen und hofft auf eine Re-Positionierung als Oppositions- und Protestpartei. Herbert Haupt will das nicht, und Jörg Haider verspricht sich davon für die Kärntner Wahlen (noch?) keinen konkreten Vorteil. Manches deutet darauf hin, dass sich das trotz der bevorstehenden Wahlschlappe und eines möglichen Führungswechsels nicht ändert.
Ach ja, es gibt noch zwei weitere Parteien. Während die Grünen gute Chancen haben, sich als drittstärkste Partei zu etablieren und das bundespolitisch zu nutzen, sind SPÖ-Gewinne relativ brotlos. Die SPÖ wird in Oberösterreich und Tirol zulegen, was angesichts des niedrigen Ausgangsniveaus und der FPÖ-Verluste keine große Kunst ist. Wichtiger für die Zukunft der Partei sind die Wahlen in Kärnten und Salzburg im März 2004. Dort geht es nicht "nur" um Gewinne, sondern um den Landeshauptmann. Bis dahin werden SPÖ und Grüne auf ein Ende der schwarz-blauen Koalition hoffen, das mittlerweile im nächsten Frühjahr wahrscheinlicher ist.
Peter Filzmaier ist Politikwissenschaftler am Institut für interdisziplinäre Forschung und Fortbildung (IFF). Foto: Privat