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Vorwurf des "bandenmäßigen Steuerbetrugs" steht im Raum
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Bukarest. In Rumänien steht die zur Vienna Insurance Group (VIG) gehörende Versicherungsgesellschaft "BCR Leben" derzeit im Visier der Staatsanwaltschaft für organisiertes Verbrechen und Terrorismus. Laut Ermittlern werden 21 Mitarbeiter des Lebensversicherers, darunter fünf Filialleiter sowie Führungskräfte mehrerer Unternehmen verdächtigt, einen landesweit verzweigten Betrügerring aufgebaut zu haben, um "bandenmäßigen" Steuerbetrug zu betreiben.
Bis Mittwoch wurden insgesamt 44 Verdächtige festgenommen und verhört, nachdem die Ermittler am Vortag 166 Durchsuchungen in 26 Landeskreisen vorgenommen hatten - unter anderem in neun Filialen der VIG-Tochter. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft stehen Assekuranz und Firmen im "dringenden Verdacht", den rumänischen Staat binnen sieben Monaten um mindestens 6 Millionen Euro geschädigt zu haben.
Die ausgeklügelte Betrugsmasche sei "äußerst innovativ" gewesen: So sollen die Unternehmen in Absprache mit dem Lebensversicherer ihre Mitarbeiter hauptsächlich mittels vorzeitig ausgezahlter Versicherungspolicen entlohnt haben, um den Großteil der Lohnsteuer zu hinterziehen.
Dubiose Verträge
Dafür gingen die Firmen mit der "BCR Leben" Kollektivlebensversicherungsverträge für ihre Mitarbeiter ein, kündigten diese tags darauf, sodass die Verträge letztlich von den Angestellten vorzeitig zurückgekauft wurden. Vom jeweiligen Rückkaufwert behielt der Versicherer zehn Prozent ein - für die Unternehmen ein Klacks, da in Rumänien Lohn- und Sozialabgaben auf Arbeitgeberseite mit mehr als 40 Prozent zu Buche schlagen. Laut Ermittlern entlohnten die Firmen ihre Angestellten formell nur mit dem gesetzlichen Mindestlohn, der dann monatlich per vorzeitig ausgezahlter Versicherungspolice "aufgestockt" wurde.
Die rumänische VIG-Tochter verlautete in einer Presseaussendung, mit der Staatsanwaltschaft "voll und ganz" zu kooperieren und bereits alle geforderten Unterlagen zur Verfügung gestellt zu haben. Auch würden die laufenden Ermittlungen weder die Assekuranz selbst noch ein Mitglied ihrer Geschäftsführung visieren. Die ehemalige Versicherungstochter der in Rumänien führenden Handelsbank BCR Erste war 2008 vom Versicherungskonzern VIG übernommen worden und hatte sich seither zum zweitgrößten Branchenplayer gemopst.
Doch sorgt die "BCR Leben" nicht zum ersten Mal für Negativ-Schlagzeilen: Schon 2009 war der Versicherer von der rumänischen Finanzaufsicht abgemahnt worden, nachdem den Finanzaufsehern eine irregulär vorzeitige Auszahlung einiger Dutzend Lebensversicherungspolicen aufgefallen war. Brancheninsider munkeln daher, dass die Betrugsmasche durchaus länger als bisher geahnt zum Zuge gekommen sein könnte - womit auch der entstandene Schaden um ein Vielfaches höher wäre.