Senatspräsident übernimmt vorübergehend die Amtsgeschäfte des Staatschefs.
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Brüssel/Bukarest. Als Traian Basescu den Plenarsaal des Parlaments in Bukarest betrat, bekam er lauten Beifall aus den Reihen seiner Partei, der Liberaldemokraten. Genützt hat diese demonstrative Unterstützung dem rumänischen Staatschef allerdings nicht. Bei seiner Sitzung am Freitagabend enthob das Parlament Basescu mit einer Mehrheit von 256 Stimmen für 30 Tage seines Amtes. Bereits am 29. Juli wird es allerdings ein Referendum geben, bei dem die Bevölkerung über die Ab- oder Wiedereinsetzung Basescus entscheiden wird.
Die neue Mitte-Links-Regierung unter dem sozialdemokratischen Premier Victor Ponta hatte sich in kurzer Zeit die Voraussetzungen geschaffen, das Verfahren gegen den Präsidenten rasch einzuleiten. Die Koalition wirft dem konservativen Staatschef vor, sich widerrechtlich Regierungskompetenzen angeeignet und dabei gegen die Verfassung verstoßen zu haben. Unter anderem wurde der Präsident bezichtigt, die Rolle des Premiers untergraben und ein diktatorisches Regime eingeführt zu haben.
Basescu hatte in seiner Amtszeit mehrfach die Regierungsbildung nach seinen Vorstellungen forciert, ungeachtet der Mehrheitsverhältnisse im Parlament. Er nutzte dabei die Tatsache, dass er allein laut Verfassung das Recht hat, dem Parlament einen Kandidaten für das Amt des Premiers vorzuschlagen.
Dass Ponta nun derart aggressiv gegen Basecu vorgeht, wird von Beobachtern auf mehrere Motive zurückgeführt. Zum einen wird vermutet, dass Ponta Angst vor der Justiz hat, die er als von Basescu gesteuert wahrnimmt. Seit kurzem sitzt Pontas politischer Mentor, Ex-Ministerpräsident Adrian Nastase (2000-2004), wegen illegaler Parteienfinanzierung im Gefängnis. Zweitens dürfte es auch um Rache gehen, weil Ponta vermutet, dass Basescu die vor kurzem aufgekommenen Plagiatsvorwürfe ins Rollen gebracht hat. Ponta soll 85 von insgesamt 400 Seiten seiner rechtswissenschaftlichen Dissertation abgeschrieben haben, ohne ordnungsgemäß die Quellen zu nennen.
Basescu ist während seiner ersten Amtszeit bereits einmal suspendiert worden, wurde jedoch beim Referendum mit fast 75 Prozent der Stimmen wieder eingesetzt. Infolge des drastischen Sparpakets und der anhaltenden politischen Krise ist seine Popularität in Rumänien inzwischen jedoch stark gesunken.
Die Suspendierung Basescus ist der vorerst letzte Akt einer ganzen Reihe von innenpolitischen Wirrungen in Rumänien. In der Vorwoche hatte das Kabinett bereits die Vorsitzenden der beiden Parlamentskammern ausgetauscht und Einschränkungen für den Verfassungsgerichtshof beschlossen. Auch mehrere Gesetzesänderungen wurden im Eilverfahren durchgeboxt.
<br style="font-weight: bold;" /> EU zeigt sich besorgt
Die Maßnahmen hatten heftige Kritik der rumänischen Opposition aber auch einiger westeuropäischer Politiker ausgelöst. So brachte die Regierung in Berlin ihre "große Sorge" über die Entwicklungen in einem der jüngsten EU-Mitgliedstaaten zum Ausdruck.
Auch die Europäische Kommission, die sich ansonsten bei derartigen Machtkämpfen in einzelnen Ländern mit Kommentaren zurückhält, konnte nicht umhin, zu reagieren. In einer Stellungnahme zeigte sie sich beunruhigt über die Ereignisse in Rumänien, vor allem solche, die "die Machtbefugnisse unabhängiger Institutionen wie des Verfassungsgerichts einzuschränken scheinen". Es sei die Summe der Aktionen in derart kurzer Zeit, die Sorge bereiten, hieß es in Brüssel.
Dort wird Ministerpräsident Ponta schon bald Gelegenheit haben, seine Sicht der Dinge darzulegen. Ein Treffen mit Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso ist für Donnerstag geplant. In Bukarest versicherte Ponta jetzt schon, dass sein Land ein stabiles bleiben werde. Die Brüsseler Behörde hätte aber auch eine andere Möglichkeit, Druck auf Bukarest auszuüben. Denn noch immer steht Rumänien unter Beobachtung der EU, die unter anderem just die Umsetzung von Reformen im Justizbereich überprüft. Der nächste Bericht wird für die zweite Juli-Hälfte erwartet. Fortschritte dabei sind für manche EU-Staaten die Bedingung dafür, Rumänien in den Schengen-Raum aufzunehmen, wo Reisen ohne Grenzkontrollen möglich sind. Dass der Beitritt mehrmals hinausgeschoben wurde, hat für heftigen Unmut in Bukarest gesorgt.