Er kommt aus Floridsdorf und geht gerne auf einen Kaffee am Naschmarkt.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 10 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Die Aufregung um Markus Rumelhart hat schon im Vorfeld begonnen. Von manchen Medien als erster homosexueller Bezirkschef vor den Vorhang geholt, begrüßte er am Mittwoch bei seinem ersten Pressetermin die Journalisten mit den Worten: "Verzeihen Sie mir, falls ich noch etwas nervös bin." Der sympathisch wirkende 39-Jährige wird offiziell ab Mai die Geschäfte von Bezirksvorsteherin Renate Kaufmann übernehmen. Die Angelobung wird am 30. April stattfinden, ab dann ist Rumelhart offiziell der neue Bezirkschef von Mariahilf.
Aufgewachsen bei der Oma
Aufgewachsen ist Rumelhart in Floridsdorf bei seiner Oma, wie er stolz sagte. Von ihr, die "beide Weltkriege überlebt hat", habe er "eine andere Wertehaltung mitbekommen". Schnell sei klar gewesen, zu welcher Partei er sich zugehörig fühlte. Das soziale Miteinander ist ihm wichtig und er wollte "direkt mitgestalten". Zur Politik gekommen sei er aber nicht durch Mitgliedschaften bei Vereinen wie den Roten Falken, sondern durch Kontakte im Bekanntenkreis. Er arbeitete zunächst für die Aids Hilfe Wien und dem Fonds Gesundes Österreich, bevor er im Jahr 2010 Bezirksrat in Mariahilf wurde. Seitdem organisiert der Wiener das Bezirksfest "andersrum ist nicht verkehrt in Mariahilf". Außerdem ist Rumelhart Vorsitzender der Sozialkommission, Sucht- und Drogenbeauftragter, Mitglied der Generationen- und der Integrationskommission und Vorstandsmitglied der Volkshilfe Mariahilf.
Die Liste seiner Funktionen ist lang und so setzt sich Rumelhart fürs Erste auch keine neuen Ziele. Er will die Geschäfte Kaufmanns "weiterführen". Das allein sei keine so einfache Sache. "Die Vorlagen sind groß", sagte er zur "Wiener Zeitung". "Mir geht’s darum, Mariahilf mitzugestalten und weiter zu entwickeln, sodass dieser Bezirk für alle Mariahilfer lebenswert bleibt", sagte er.
Weg von Mariahilfer Straße
Rumelhart lebt seit mehr als zehn Jahren in Mariahilf. Der Bezirk zwischen Mariahilfer Straße und Naschmarkt bietet für ihn nicht nur eine "tolle Infrastruktur oder einzigartige Mischung aus Kultur- und Freizeitangeboten", sondern er schätzt besonders das soziale Engagement. Dem Tumult um den Umbau der Mariahilfer Straße zu einer Fußgängerzone verpasst er einen kleinen Seitenhieb. Er will den "Blick wieder mehr in den Bezirk richten". Dieser bestehe nicht nur aus der Mariahilfer Straße.
Nichtsdestotrotz wird sich Rumelhart nach Kaufmann auch mit dem Umbau der Einkaufstraße beschäftigen müssen. "Die Entscheidung, dass die Mariahilfer Straße verkehrsberuhigt wird, ist gefallen. Jetzt geht es um die Querungen, welche die Wähler wollten. Wir brauchen sie zur Grenzüberwindung, es müssen aber gute Lösungen dafür gefunden werden." Derzeit stünde der Bezirk in Diskussion mit Experten.
Ursprünglich hätte sich Rumelhart eine größtmögliche Fußgängerzone à la Kärntner Straße gewünscht. "Eine echte Fußgängerzone war für uns lange das primäre Ziel - ohne Autos, ohne Fahrräder." Jetzt sei es zwar nur eine verkehrsberuhigte Fußgängerzone geworden, das sei aber auch eine tolle Sache. Anders wäre es bei einer 1,9 Kilometer langen Straße auch fast nicht möglich, gestand er sich selbst ein. Die Vorschläge, die für die Mariahilfer Straße nun am Tisch liegen würden, seien gut und wichtig für die Straße: Barrierefreiheit, eine ebene Fläche, mehr an Grün und Sitzgelegenheiten. Der neue Bezirkschef will aber nun ein Auge auf die Ausführung und Nachhaltigkeit haben: "Man muss sich jetzt anschauen, wie das ausgeführt wird, wie schaut das für die Marktsituation vor der Mariahilfer Kirche aus. Wie gut können die Standler integriert werden. Wie nachhaltig werden die geplanten Wassertische gebaut werden. Denn wir als Bezirk tragen dann die Verantwortung für die Erhaltung", sagte er.
Viel würde derzeit im Bezirk passieren, das man nicht so mitbekommt. Die Umbau-Arbeiten am Naschmarkt zum Beispiel. "Wir sorgen nicht nur für Barrierefreiheit, sondern wir erneuern derzeit alle Wasser- und Stromleitungen unter der Erde, die teilweise mehr als 100 Jahre alt sind. Die Stände werden streng nach Denkmalschutz-Vorschrift saniert", so Rumelhart. Im Grunde soll der Naschmarkt aber für ihn bleiben, so wie er ist. Er selbst gehe gerne auf einen Kaffee dorthin.
Warum Renate Kaufmann nun an den 20 Jahre jüngeren Nachfolger übergibt, beantwortete die Politikerin leichten Herzens: "Ich bin 59 Jahre alt und übergebe an die nächste Generation. Ich hatte einige große Projekte, die ich umgesetzt habe. An der Mariahilfer Straße wird sicher noch einiges gefeilt werden, aber ich weiß den Bezirk mit meinem Wunschkandidaten in guten Händen. Daher gehe ich ohne Sorgen, ein schönes Gefühl", sagte die langjährige Bezirkschefin zum Abschluss.