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Run auf Kolumbien

Von Alexander U. Mathé

Politik

China plant großen Handelsknoten. | Obama blockt Freihandelsvertrag. | Bogotá/Wien. Die Weltgroßmächte haben ein Rennen um Kolumbien gestartet. Im großen Stil planen die EU, die USA und China wirtschaftliche Bande dorthin zu knüpfen. Kolumbien verfügt über erhebliche Erdölreserven und hat zudem die größten Kohle-, Gold- und Platinvorkommen Lateinamerikas. Darüber hinaus besitzt es Eisenerz, Kupfer, Zink, Uran, Titan, Mangan und Edelsteine, darunter signifikante Smaragdvorkommen. Gleichzeitig hat Kolumbien großes Potenzial als Absatzmarkt.


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China plant daher, Kolumbien gleich zu seinem südamerikanischen Verteilerknoten für Handel zu machen. Ein Abkommen über den Bau einer Bahnstrecke, die in Konkurrenz zum Panamakanal Atlantik und Pazifik verbindet, und die Errichtung einer neuen Verteilerstadt sind kurz vor dem Abschluss.

Seit letzter Woche steht die EU in den Startlöchern. Die EU-Kommission hat ein Freihandelsabkommen mit Kolumbien und Peru paraphiert, das am 13. April unterschrieben wird. Über sieben Jahre soll der Markt bis auf wenige Ausnahmen (darunter Gold) komplett liberalisiert werden. Doch dagegen hat sich sowohl in Kolumbien als auch in Europa Widerstand formiert.

"Das ist unverantwortlich", sagte die grüne EU-Abgeordnete Ulrike Lunacek im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". So wie einige andere EU-Parlamentarier beklagt sie die schlechte Menschenrechtslage in Kolumbien. So wurden etwa von den 101 Gewerkschaftern, die weltweit ermordet wurden, 48 in Kolumbien getötet.

"Man sollte sich ein Beispiel an US-Präsident Barack Obama nehmen", so Lunacek. Die USA haben seit fünf Jahren ein Freihandelsabkommen mit Kolumbien in der Warteschleife. Doch obwohl ihn demokratische wie republikanische Senatoren bedrängen, endlich grünes Licht zu geben, weigert sich Obama unter Verweis auf die Menschenrechtslage aktiv zu werden.

Bei der EU-Kommission teilt man zwar die Sorge, sieht die EU jedoch als Teil der Lösung. Ein Bekenntnis zur Respektierung der Menschenrechte sei im Vertrag verankert. Eine Klausel sehe zudem die Möglichkeit einer einseitigen Kündigung im Falle von Verstößen vor. Dass sie von dieser Option auch Gebrauch macht, hat die EU bereits im Fall Sri Lankas gezeigt, wo sie Handelsvorteile aufgrund von Menschenrechtsverletzungen aussetzte.

Abgesehen davon, dass der Vertrag noch von EU-Parlament und Ministerrat approbiert werden muss, setzen seine Gegner auf die Kategorisierung des Freihandelsabkommens. Sollte der Vertrag als nicht rein kommerziell eingestuft werden, müsste er von allen 27 EU-Staaten ratifiziert werden, was die Sache erschwert. Dennoch könnte dann vorläufig nur der rein wirtschaftliche Teil des Abkommens in Kraft treten.

Fraglich bleibt indes, ob ein Fernbleiben von EU und USA die humanitäre Situation in Kolumbien verbessern. Denn wenn China die wirtschaftlichen Chancen nützt, wird es in Sachen Menschenrechte wohl die Fahne der Nichteinmischung in innere Angelegenheiten hochhalten.