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Rund 400.000 Kunden sitzen auf ihren Cosmos-Schutzbriefen

Von Petra Medek

Wirtschaft

Partner von Cosmos sehen sich nicht in der Pflicht. | VKI führt Musterprozesse gegen Itonia und Generali. | Wien. Für viele Kunden könnte der Konkurs der Elektrohandelskette Cosmos zu Anfang des heurigen Jahres noch länger einen bitteren Nachgeschmack haben.


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Wer zwischen Oktober 2005 und Ende August 2009 bei Cosmos ein Elektrogerät oder Handy gekauft hat und dabei auf Nummer sicher gehen wollte, hat möglicherweise einen sogenannten Schutzbrief mitgekauft.

Dabei handelt es sich um eine Art Geräteversicherung, die je nach gewählter Dauer (vier oder sechs Jahre) und je nach Preis des erworbenen Gerätes zwischen rund 30 und 200 Euro gekostet hat. Der Schutzbrief sollte etwa Schäden durch Brand, Diebstahl oder Ungeschicklichkeit abdecken.

Insgesamt mehr als 400.000 Mal wurde ein solcher Schutzbrief verkauft, weiß Ulrike Wolf vom Verein für Konsumenteninformation (VKI).

Nach der Pleite von Cosmos sitzen die Kunden nun auf dem scheinbar wertlosen Papier und müssen für die Reparatur von Geräteschäden selbst aufkommen, weil niemand haften will.

Der VKI hat mittlerweile eine Musterklage gegen die Generali Versicherung und die Itonia it-insurance service GmbH eingebracht, die beiden Unternehmen haben das Produkt Schutzbrief gemeinsam mit Cosmos auf den Weg gebracht.

Zwei weitere Musterklagen seien bereits in Vorbereitung, kündigt Wolf an.

Unklare Rollen

Das Problem wird wohl nicht rasch aus der Welt zu schaffen sein, denn die Aussagen von VKI, Masseverwalter, Generali und Itonia widersprechen einander.

Unklar ist, wer nun eigentlich wen versichert hat und was das für die Konsumenten bedeutet. Es drängt sich der Verdacht auf, dass sich Itonia, Generali und Cosmos seinerzeit auf derart schwammige Formulierungen geeinigt haben, dass nun vielerlei Deutungen ihrer Abmachungen möglich sind. Ein Vertrag zwischen den Akteuren ließe mehrere unterschiedliche Interpretationen zu, meint der Masseverwalter.

Die Generali betont, dass sie bis 31. 8. 2009 Versicherer der Itonia it-insurance service GmbH gewesen sei und kein Vertragsverhältnis zu Cosmos oder Cosmos-Kunden bestanden habe, so dass auch keine Zahlung an Cosmos-Kunden erfolgen könnte. Der Schutzbrief-Kauf bis Ende August 2009 sei nur zwischen Cosmos und dem jeweiligen Kunden abgeschlossen worden. Daher bestehe keine Haftung Dritter.

Der Masseverwalter sieht dies anders. Die Versicherung berufe sich in diesem Statement offenbar wissentlich auf eine überholte Aussendung von Februar, die man revidiert habe. Man habe wenige Tage nach der Aussendung - nach Einsicht wichtiger Unterlagen und Rücksprache mit dem VKI - festgehalten, dass sehr wohl Ansprüche bestehen, heißt es aus der Kanzlei des Masseverwalters. "Und alle Seiten wissen das auch."

Seitdem würden auch Ansprüche der Schutzbriefinhaber in Bezug auf Reparaturen an diese abgetreten, damit jeder Kunde sein Recht durchsetzen könne.

Fragt man Itonia, so sieht die Sache wiederum etwas anders aus. Itonia habe nur als Vermittler der Versicherung agiert, heißt es. Das Unternehmen sei kein Vertragspartner der Kunden von Cosmos, könne nicht für eine ordnungsgemäße Schadensabwicklung haften und habe dies auch niemandem zugesagt, teilt Itonia Cosmos-Kunden in einem Schreiben mit.

Diese Argumentation treibt wiederum Massewalter und VKI auf die Palme. Die Kunden würden zu Unrecht von Itonia und Generali im Regen stehen gelassen, meint der VKI.

Itonia kann den Ärger und die Klage seitens VKI nicht nachvollziehen: Man könne als Vermittler nur vereinzelt Kulanzlösungen anbieten, eigentlich wäre ja Cosmos für die Schadensabwicklung zuständig gewesen. Es sei außerdem richtig, dass die Generali keinen Vertrag mit Cosmos gehabt hätte - denn die Itonia hätte einen mit der Generali und wiederum einen anderen mit Cosmos abgeschlossen, um den Verkauf der Schutzbriefe möglich zu machen. Dennoch gebe es eine Polizze bei der Generali, die Cosmos versichert habe.

Demnach seien nicht die Kunden die Versicherungsnehmer gewesen, sondern die Elektrokette selber, die ja auch die Abwicklung der Schadensfälle übergehabt hätte. "Was der Kunde bezahlt hat, hat er Cosmos bezahlt", meint ein Itonia-Vertreter.

Er räumt ein, dass man bei den Verträgen verabsäumt hat, an Pleite zu denken: "Das haben wir nicht im ausreichenden Ausmaß gewürdigt."

Verjährung möglich

Sicher scheint in dieser Causa nur eines: Es sind Prämien in Millionenhöhe geflossen - und bis dato schauen die Schutzbrief-Käufer durch die Finger.

Ob alle jemals zu ihrem Geld kommen, ist völlig offen, die Zeit spielt eine wichtige Rolle. Hat es sich um eine Versicherungskonstruktion gehandelt, so beträgt die Verjährungsfrist drei Jahre - und zwar ab dem Zeitpunkt, an dem die Versicherung zahlungspflichtig ist, informiert der VKI. Es ist aber gar nicht so sicher, dass es bis dahin eine rechtskräftige Entscheidung vom Gericht gibt.

Sollte ein Urteil auf sich warten lassen, müssten all jene Kunden, bei denen eine Verjährung droht, selber den Klagsweg beschreiten, rät VKI-Expertin Wolf.