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Russisches Gas nur noch gegen Rubel

Von Xxx Xxx

Wirtschaft

Putin macht Ernst: Ab heute, Freitag, müssen Lieferungen in der russischen Währung bezahlt werden, sonst werden bestehende Verträge gestoppt. Die Europäische Union lehnt Rubel-Zahlungen weiterhin ab.


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Russische Gaslieferungen ins Ausland müssen nach den Worten von Wladimir Putin ab Freitag in Rubel gezahlt werden. Der Kreml-Chef erklärte am Donnerstagnachmittag, er habe ein entsprechendes Dekret unterzeichnet. Um an das Gas zu gelangen, müssten ausländische Kunden Rubel-Konten bei russischen Banken eröffnen.

"Wenn solche Zahlungen nicht geleistet werden, betrachten wir dies als Verzug der Käufer mit allen daraus resultierenden Konsequenzen", erklärte Putin. "Niemand verkauft uns etwas umsonst, und wir werden auch keine Wohltätigkeit tun - das heißt, bestehende Verträge werden gestoppt." Der Westen hat die Forderungen von Bezahlung in Rubel bisher abgelehnt.

Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz erklärte in einer ersten Reaktion, in den Lieferverträgen stehe, dass in Euro bezahlt werde. Er habe Putin gesagt, dass das auch so bleiben werde.

Auch die Verträge des österreichischen Energiekonzerns OMV lauten auf Euro. "Die Gazprom hat sich noch nicht gemeldet. Wir gehen aber davon aus, dass sie das tun wird und dann einen Vorschlag vorlegt," sagte OMV-Sprecher Andreas Rinofner am Donnerstag. Erst 2018 hat die OMV die Gaslieferverträge mit Russland um weitere 40 Jahre verlängert. Von Rubel-Zahlungen ist dort nirgends die Rede.

Bis zuletztgroßes Verwirrspiel

Zuvor hatte Russland für Verwirrung gesorgt. Kunden "unfreundlicher" Staaten müssten für die in ihren Verträgen aufgeführten Währungen Rubel kaufen, hatte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Donnerstag zunächst bekräftigt. Die Abwicklung könne über die Gazprom-Bank laufen. Putin habe nach Angaben des Präsidialamtes Scholz am Mittwoch detailliert darüber informiert, wie Rubel-Zahlungen für Gas vonstattengehen könnten. Regierungssprecher Steffen Hebestreit hatte Mittwochabend hingegen betont, Putin habe Scholz versichert, "dass sich für europäische Vertragspartner nichts ändern werde".

Die Gruppe der G7-Staaten und die EU insgesamt hatten bisher mit Hinweis auf ihre Verträge wiederholt betont, dass sie Zahlungen in Rubel, die darin nicht vorgesehen sind und daher als Vertragsbruch zu werten wären, ablehnen. In diesen Chor hatte auch Österreich eingestimmt, das etwa 85 Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr verbraucht, wovon 80 Prozent aus Russland kommen. Für die EU und Österreich stellt sich nun die Frage, ob man auf das russische Gas verzichten kann oder nicht.

Ministerin Schramböck sieht Versorgung derzeit gesichert

Die Versorgung für die österreichische Bevölkerung sei derzeit gesichert, erklärte Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck am Donnerstag. Mit dem Ende der Wintersaison werde generell weniger Gas benötigt, zudem sei die Bevorratung von Gas umgesetzt worden. Die Haushalte seien als vulnerable Gruppe eingestuft und würden am längsten Gas bekommen, sagte Schramböck weiter. Einige der Gasspeicher würden sich auch langsam wieder füllen, es gebe daher keinen Grund, besorgt zu sein.

Zitterpartie fürheimische Industrie

Im Gegensatz zu Schramböck zeigte sich der Chef der Industriellenvereinigung (IV), Georg Knill, alles andere als entspannt. Er kritisierte das Krisenmanagement im Klimaschutzministerium angesichts eines möglichen Gas-Lieferstopps aus Russland und forderte die sofortige Einsetzung eines Energiestaatssekretärs direkt im Bundeskanzleramt. "Die Lage ist ernst, die Energieversorgung Österreichs steht auf dem Spiel", warnte Knill am Donnerstag. "Tritt der Extremfall einer Drosselung oder gar Aussetzung der russischen Gaslieferungen ein, haben wir eine Energiekrise, in derzeit noch nicht vorstellbarem Ausmaß." Und die hätte "beträchtliche Auswirkungen auf unser alltägliches Leben und unsere Wirtschaft", so der IV-Präsident. "Bei einem sofortigen Gas-Lieferstopp haben wir nur noch kurze Zeit, bevor die ersten Industriebetriebe gezwungen werden, ihre Produktion herunterzufahren und ihre Mitarbeiter nach Hause zu schicken."

Wie berichtet, hat Österreich am Mittwoch wie Deutschland vorsorglich die Frühwarnstufe im Notfallplan für die Gasversorgung ausgerufen. Damit werde das Überwachungs- und Monitoring-System weiter verschärft, hieß es. Rationierungen seien hier jedoch nicht vorgesehen.

Russisches Gaskurzfristig ohne Alternative

Kurzfristig gebe es keine Alternative zu russischem Gas, das bleibe "die unbequeme Wahrheit", hatte Knill einige Tage zuvor mit Blick auf ein in der EU diskutiertes Energie-Embargo als weitere Sanktion gegen Russland gesagt. Wollte man russisches Gas durch Flüssiggas (LNG) ersetzen, bräuchte man allein für Österreich alles in allem rund 80 Tankschiffe. Österreich hat jedoch keinen direkten Zugang zu LNG-Terminals. "Es gibt zurzeit nur begrenzt Möglichkeiten, Flüssiggas nach Österreich zu bringen", hatte OMV-Chef Alfred Stern kürzlich zu bedenken gegeben. Alternativen, "um hier die Flüsse des Gases umzudrehen", seien deshalb mittel- und langfristig zu sehen, nicht kurzfristig.

Gleiches gilt für die EU, die ihre russischen Gasimporte binnen eines Jahres um zwei Drittel reduzieren und bis 2027 ganz ohne russisches Gas (und Öl) auskommen will. Sie sieht LNG (etwa aus den USA) als Ausweg, die Infrastruktur reicht dafür allerdings noch lange nicht aus. 380 Milliarden Kubikmeter Erdgas hat die EU 2020 verbraucht, mehr als 40 Prozent sind von Russland geliefert worden.(kle/ede)