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Der jüngste EU-Russland-Gipfel im Juni markierte einen bedeutenden Durchbruch: Die Verhandlungen über eine neue strategische Partnerschaft können beginnen.
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Das Verhältnis Russlands zur EU ist ein ambivalentes. Zum einen ist Russland von der "Europäischen Nachbarschaftspolitik" (ENP) der EU teilweise mitumfasst und damit auch am "Europäischen Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstrument" (ENPI) für die Finanzierung der grenzüberschreitenden Programme beteiligt.
Zum anderen nimmt es seine strategische Partnerschaft mit der EU - wie beim Gipfeltreffen Ende Mai 2003 in St. Petersburg festgelegt - nicht auf der Basis der ENP, sondern durch die Errichtung von vier sogenannten "gemeinsamen Räumen" wahr.
Der erste dieser Räume ist ein gemeinsamer Wirtschaftsraum, unter besonderer Berücksichtigung von Umwelt und Energie. Der zweite ein gemeinsamer Raum der Freiheit, Sicherheit und Justiz. Der dritte ein Raum der Zusammenarbeit im Bereich externer Sicherheit und der vierte ein Raum der Forschung und Bildung, einschließlich kultureller Aspekte.
Schrittweiser Aufbau
Auf dem Moskauer EU-Russland-Gipfel Mitte Mai 2004 kam es auch schon - allerdings nur auf russischer Seite - zur Bestellung von vier Koordinatoren für diese gemeinsamen Räume. Des Weiteren einigte man sich auf einen Aktionsplan für einen "Gemeinsamen Europäischen Wirtschaftsraum".
Im unmittelbaren Vorfeld der EU-Erweiterung wurde das bereits 1997 abgeschlossene Partnerschafts- und Kooperationsabkommen EU-Russland Ende April 2004 durch ein Protokoll ergänzt, das die Ausdehnung des Abkommens auf die neuen Mitgliedstaaten beinhaltet. Dazu kamen noch spezielle Erleichterungen im Transitverkehr zwischen Russland und der russischen Enklave Kaliningrad durch Litauen [KOM(2001) 26] sowie die Teilnahme Russland an Förderprojekten im Rahmen der sogenannten "Nördlichen Dimension". Diese umfasst das Gebiet von Island bis Nordwestrussland und von der norwegischen See, der Barent-See und der Kara-See bis zur südlichen Ostseeküste.
Nägel mit Köpfen
Nachdem Polen monatelang die Aufnahme von Gesprächen blockiert hatte, einigte man sich am EU-Russland Gipfel vom 27. Juni 2008 auf die Aufnahme von Verhandlungen über eine neue strategische Partnerschaft auf der Basis eines weit reichenden Mandats der Europäischen Kommission.
Auf russischer Seite wird Botschafter Vladimir Chizhov und auf der Seite der EU Eneko Landaburu die Verhandlungen führen, der dabei von der Präsidentschaft und dem "Rat allgemeine Angelegenheiten und auswärtige Beziehungen" in Fragen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik unterstützt wird. Die Gespräche werden, falls sie überhaupt erfolgreich abgeschlossen werden können, zu einem "gemischten" Abkommen führen. Das heißt, dass neben der EU auch alle Mitgliedstaaten das Abkommen abschließen müssen. Dabei könnte es ohne weiteres in den Russland-kritischen Ländern Großbritannien, Litauen, Estland und Polen zu "Ratifikationsunfällen" kommen.
Das Abkommen müsste unter anderem auch die neuesten Entwicklungen im Rahmen der "Östlichen Partnerschaft" einbeziehen, die auf eine polnisch-schwedische Initiative vom 26.Mai 2008 zurückgeht. Mit dieser soll die regionale Kooperation zwischen der Ukraine, Moldawien, Georgien, Aserbaidschan, Armenien und Belarus gestärkt und der "südlichen" Dimension der Europäischen Nachbarschaftspolitik (Mittelmeerunion etc.) eine gleichgewichtige "östliche" gegenübergestellt werden.
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