Für Olympia in Sotschi wurden ein Leopard, ein Polarbär und ein Hase als Maskottchen bestimmt. Da hätte man gleich einen Delfin nehmen können.
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Na, es geht ja doch. Und da sage noch einer, im Russland Wladimir Putins gehe es nicht demokratisch zu. Immerhin hatten zuletzt nicht weniger als 1,4 Millionen Russen eine noch nie dagewesene Chance genutzt und via Telefon-Voting beziehungsweise SMS ihre Stimme abgegeben: Allein zur Wahl standen diesmal nicht der Präsident, ein Gouverneur oder die Abgeordneten zur Duma, sondern - possierliche Tierchen. Zigtausende Landsleute, von Kaliningrad bis Kamschatka, hatten sich im vergangenen Herbst an der Suche nach einem Maskottchen für die XXII. Olympischen Winterspiele in Sotschi beteiligt und rund 24.000 Designs eingereicht. Das Rennen machten am Ende der Leopard, der Hase und der Polarbär.
Nun könnte man die Sensation, dass in einem Land wie Russland, wo traditionell immer nur einer das Sagen hat, gleich drei Kandidaten eine Wahl gewonnen haben, als demokratischen Fortschritt feiern. Wenn da nicht die eine oder andere Unstimmigkeit wäre und man sich die Frage stellen müsste, ob denn nicht bei dieser Entscheidung doch auch Betrug und Korruption im Spiel waren? Sehen wir uns doch den Zoo, der da nun auf Geheiß des Volkes zu olympischen Ehren kommt, genauer an: Besonderen Verdacht muss in diesem Kontext der Leopard erregen, galt doch dieser bis vor wenigen Jahren in Russland als ausgestorben. Dass man aber nun so tut, als zählte der Panthera pardus ciscaucasica wie selbstverständlich zur örtlichen Fauna und verdiene daher umso mehr eine Ehrung, ist mit Blick auf die Umweltzerstörungen, die im Namen Olympias in dessen Habitat angerichtet wurden, zynisch. Völlig unpassend erscheint auch die Wahl des Polarbären. Wie war das noch einmal? Die ersten Winterspiele in den Subtropen? Wer, außer vielleicht
ein PR-Profi aus Jakutien, kommt da auf einen Arktisbewohner?
Vielleicht hätte man ja beim Hasen bleiben können. Der ist nicht nur beliebt, sondern zur Abwechslung auch im Kaukasus zu Hause. Zudem hätte Meister Lampe ganz gut als Kontrast in die Gigantomanie der 37-Milliarden-Euro-Spiele gepasst. Aber offensichtlich wollte man das dann doch nicht - und hat so dem Hasen zwei Exoten beigestellt. So gesehen hätte man vielleicht gleich auf die Bewohner von Sotschi hören und ihren Maskottchen-Vorschlag, der einen Delfin auf Skiern zeigt, nehmen können. Das wäre zwar - trotz Delfinen im Schwarzen Meer - ebenso gewagt gewesen, aber dafür basisdemokratischer.