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Russland kann sich lange Gasblockaden nicht leisten - heute weniger denn je

Von Hermann Sileitsch

Analysen

Der Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine schickt sich an, "Dinner for One" als Silvester-Klassiker abzulösen: Nach der Orangen Revolution in der Ukraine 2004 kam es immer wieder rund um den Jahreswechsel zu Konfrontationen. Am 1. Jänner 2006 hatte Gazprom der Ukraine bereits einmal den Gashahn abgedreht. Anfang 2007 war Weißrussland von einer Blockade bedroht. Im Februar und März 2008 kam abermals die Ukraine an die Reihe. | Vordergründig ging es stets um Gaspreise und Lieferkonditionen. Abgesehen von Russlands politischen Intentionen ist allein schon die wirtschaftliche Ausgangslage komplex. Zwar haben sich die Preise langsam angenähert, aber die Ukraine bezahlt weiterhin weit weniger, als westeuropäische Abnehmer für russisches Gas ausgeben müssen. Mehr könnte sich Kiew allerdings auch kaum leisten. Im Gegenzug liegen die ukrainischen Transitgebühren für Gazprom unter den Kosten, die andernorts in Rechnung gestellt werden.


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Letztlich läuft der Gasstreit immer auf ein Patt hinaus, solange Russland die Ukraine nicht umgehen kann. Diesem Zweck dient die Pipeline, die auf dem Grund der Ostsee errichtet wird und Russland direkt mit Deutschland verbindet - ein Projekt, das von Gerhard Schröder stark forciert wurde, erst als deutscher Bundeskanzler, dann als Manager im Konsortium. Diese Pipeline mag zwar die Probleme für Gazprom beim Gastransport über Weißrussland, die Ukraine und Polen beseitigen. Die Abhängigkeit Westeuropas von russischem Gas wird dadurch aber weiter erhöht.

Deshalb will das Pipeline-Projekt Nabucco, bei dem die OMV führend beteiligt ist, Russland mit Gas aus Zentralasien geographisch wie ökonomisch großräumig umgehen - was allerdings vorerst eine Zukunftsvision bleibt. Die Chancen sind groß, dass uns der Gasstreit auch zum Jahreswechsel 2009/10 begleiten wird.

Die österreichischen Verbraucher werden von der Gasblockade wie in den Vorjahren nichts bemerken: Erstens versichern sowohl Moskau als auch Kiew, dass die Lieferungen nach Westeuropa unangetastet bleiben sollen. Zweitens sind die Gasspeicher gut gefüllt, sodass die heimischen Wohnungen auch bei einem mehrwöchigen Lieferstopp nicht kalt bleiben würden.

Und drittens darf Gazprom seine wichtigsten Kunden im Ausland nicht verärgern: Weitaus größter Abnehmer ist Deutschland, gefolgt von der Türkei, Italien, Großbritannien und Frankreich.

Eine tage- oder gar wochenlange Blockade könnte sich der weltgrößte Erdgasproduzent überdies nicht leisten: jetzt, wo die Wirtschaftsleistung weltweit drastisch einbricht, der Energiebedarf sinkt, Ölpreis sowie Rubel gleichermaßen am Boden sind und die russischen Währungsreserven rasant schmelzen, weniger denn je.