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Russland nimmt letzte WTO-Hürden

Von Helmut Dité

Analysen

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Nach 18 Jahren wird es wohl wirklich ernst: Russland, die einzige bedeutende Volkswirtschaft, die noch nicht in der Welthandelsorganisation vertreten ist, tritt der WTO bei. US-Präsident Barack Obama hat der russischen Führung - demonstrativ und wohl mit einem Seitenblick auf China - schon gratuliert: Nach fast zwei Jahrzehnten der Verhandlungen werde Russland nun in der Lage sein, beizutreten, dies sei ein bedeutender Tag für die amerikanisch-russischen Beziehungen und den US-Bemühungen um eine wachsende, auf Regeln basierende globale Wirtschaft.

Obama betonte, dass er als US-Präsident stets Russlands WTO-Beitritt unterstützt habe. Die Mitgliedschaft werde Zölle senken, den internationalen Zugang zu den russischen Dienstleistungsmärkten verbessern, die Moskauer Regierung in ein System von Regeln beim Handel einbinden "und die Mittel bieten, die Einhaltung der Regeln durchzusetzen".

Erst in der Vorwoche hatte Russland die vorletzte Hürde für den Beitritt genommen. Ein für ein solches Verfahren zuständiger WTO-Arbeitsausschuss gab grünes Licht für ein entsprechendes Abkommen, das die WTO-Ministerkonferenz in Genf Mitte Dezember beschließen kann.

Erst am Tag davor hatten Russland und Georgien - die nach dem Krieg im Sommer 2008 ihre diplomatischen Beziehungen abgebrochen hatten - einen vom Mediator Schweiz in mehrmonatigen Verhandlungen formulierten bilateralen Vertrag unterzeichnet, der die Zollverwaltung sowie die Überwachung von Handelsgütern zwischen den beiden Ländern regelt - Georgien, seit 2000 WTO-Mitglied, gibt die Veto-Blockade gegen den russischen Beitritt auf.

Allerdings taucht nun im letzten Moment noch eine Drohung aus der Ukraine auf, die seit 2008 bei der WTO ist und bisher immer versprochen hatte, dem russischen Beitritt nicht im Wege zu stehen. Jetzt aber will Kiew in den seit Monaten blockierten Verhandlungen um einen niedrigeren Preis für Gas aus Russland die Zustimmung für den russischen WTO-Beitritt als Druckmittel verwenden, um Moskau zum Einlenken zu drängen. Der ukrainische Vizepremier und Wirtschaftsminister Andrej Kljujew gestand es offen ein: "Wir nutzen diese Frage bei den Verhandlungen mit Russland, was die Korrektur der Lieferbedingungen angeht." Und er sei zuversichtlich, bald Zugeständnisse zu erhalten, meinte er. Zugeständnisse bekommen haben auf jeden Fall schon die Polen - sie konnten heuer ihre früher oft auf Hindernisse stoßenden Lebensmittel-Exporte nach Russland stark steigern - ein Vorgriff auf die WTO-Mitgliedschaft, wie sie meinen.