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Russland schält sich nur langsam aus der Krise

Von Eva Stanzl

Wirtschaft

Sprung aus der Rezession geschafft. | Wirtschaft aber zu wenig diversifiziert. | Moskau/Wien. Russland schält sich Schritt für Schritt aus der Krise. Nach einem Wachstumsrückgang von 7,5 Prozent 2009 werde das Bruttoinlandsprodukt des Landes im kommenden Jahr 2010 um 1,6 bis 3,4 Prozent zulegen, meinte Alexander Dynkin vom Institut für Weltwirtschaft in Moskau am Donnerstag bei einer Präsentation des Zentrums für vergleichende EU-Russland Forschung.


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Er bekräftige damit die Aussagen des russischen Finanzministers Alexej Kudrin anlässlich eines zweiprozentigen Wachstums von Oktober bis Dezember. Man wäre aus der Rezession herausgekommen - aber nur dank der russischen Staatshilfen im Wert von 900 Milliarden Rubel (20,4 Mrd. Euro), die Moskau in den ersten zehn Monaten hatte springen lassen, so Kudrin.

Der Wermutstropfen: Die staatlichen Hilfen seien eher auf die Stabilisierung denn auf die Modernisierung des russischen Wirtschaftssystems ausgerichtet gewesen, warnte Dynkin. "Wir sind immer noch zu stark abhängig von Exporten von Öl, Gas, Chemikalien, Holz und Metall. Unsere Wirtschaft ist viel zu wenig diversifiziert."

Abwärtsspirale

In den Jahren boomender Öl- und Gasexporte hätte die Bevölkerung Geld angespart und die Nachfrage an importierten Gütern sei gestiegen. Nach der Abwertung des Rubel aufgrund sinkender Ölpreise sei aber die Zahl der Importe gesunken - konkret minus 34 Prozent bei Autos und minus 75 bei Flachbildschirmen. Im Unterschied zu anderen Staaten der G20 hätte die Krise eine "Stagflation" ausgelöst, wie Dynkin es formuliert: steigende Preise bei sinkender Produktion. Die Wirtschaftsleistung werde frühestens erst in zwei bis drei Jahren wieder das Niveau von vor der Krise erreichen.

"Ein Aufschwung in Russland ist stark von der Entwicklung der Ölpreise abhängig", analysiert der Ökonom Bernhard Felderer, Chef des Instituts für Höhere Studien. Doch nicht nur der fallende stark Ölpreis hätten Russland quasi zum "kranken Mann" gemacht. Sondern die Banken seien mit zu viel wenig Eigenkapital ausgestattet und der Großteil des Börsenwerts in Moskau konzentriere sich auf 15 bis 20 Blue Chips.

Während Dynkin die relativ beliebige Bandbreite von 1,6 bis 3,4 Prozent Wachstum für 2010 in Russland prognostiziert, glaubt Felderer an ein Plus von 2,5 Prozent.

Für Zentral- und Osteuropa, wo Österreich mit einem Volumen von 60 Milliarden Euro drittgrößter Investor ist, sieht er ein Wachstumsplus von einem Prozent gegenüber dem Westen 2010 und 2011.