Die deutschen Investitionen in Russland stiegen auf 11 Mrd. Euro. | Dorniger Weg in die WTO. | Moskau. Die deutsche Wirtschaft setzt auf Russland. "Die Stimmung unter den deutschen Unternehmern in Russland ist sehr optimistisch", sagt Klaus Mangold, der Vorsitzende des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft. Nach seinen Worten übertrifft das Ergebnis der vierten Jahresendumfrage des Ostausschusses in mancher Hinsicht sogar seine Erwartungen. So gaben 70 Prozent der Befragten an, das Geschäftsklima habe sich in den letzten Jahren in Russland verbessert. Gut 80 Prozent glauben, dass sich diese positive Entwicklung in den nächsten Jahren fortsetzen wird.
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Die zunehmende Attraktivität des russischen Marktes erklärt der deutsche Wirtschaftspolitiker mit der "gestiegenen Kaufkraft, dem Konsumverhalten des russischen Verbrauchers und dem gut ausgebildeten russischen Personal". Diese Einschätzung finde unter anderem in deutschen Direktinvestitionen Bestätigung. Diese liegen laut Umfrage real bei 11 Milliarden Euro. Eine deutliche Steigerung kam zuletzt durch die Investitionen des Energieriesen E.on und des Volkswagen-Konzerns, der vor kurzem sein erstes Autowerk in Kaluga bei Moskau eröffnete.
Bemängelt werden allerdings weiterhin die russische Bürokratie und die Korruption, besonders beim Zoll. Reformbedarf bestehe auch bei der Förderung des russischen Mittelstandes.
"Made in Germany"
zunehmend gefragt
Deutschland bleibe für Russland nach wie vor der wichtigste Handelspartner, so Mangold: Russland ist nach wie vor der am schnellsten wachsende Exportmarkt für deutsche Produkte. Die deutschen Ausfuhren stiegen im Zeitraum von Januar bis September im Vergleich zum Vorjahr um 28,4 Prozent auf 20,3 Milliarden Euro. Der Bundesverband des Groß- und Außenhandels (BGA) erwartet, dass dies auch 2008 so bleibt: "Russland hat auf Jahre hinaus einen enormen Nachholbedarf an Investitionen und wir die passenden Produkte".
Die Ausfuhren nach Russland wuchsen 2007 fast drei Mal schneller als die gesamten deutschen Exporte - diese legten von Januar bis September um 10,5 Prozent auf mehr als 719 Milliarden Euro zu.
Nach Einschätzung von Mangold befindet sich China bei deutschen Unternehmen stimmungsmäßig bereits wieder im Abwärtstrend, Indien steige in den Augen der deutschen Wirtschaft stetig - in Russland aber richte sich dieser Trend steil aufwärts.
Zollprobleme bremsen auf Weg in die WTO
Probleme sehen deutsche Wirtschaftsvertreter beim Beitritt Russlands zur Welthandelsorganisation (WTO). Zwar sei der Fleischstreit zwischen Moskau und Warschau beigelegt worden, heißt es. Es gebe aber bei anderen EU-Mitgliedern weitere Bedenken. Wenn es zu viele werden, könne die EU kein grünes Licht auf dem Weg Russlands in die WTO geben. Eine der Haupthürden seien zu hohe Ausfuhrzölle für russisches Holz, so Mangold.
Auch müssen russische technische Standards noch an EU-Normen angeglichen werden. Die russische Industrie richtet sich immer noch weitgehend nach aus der Sowjetzeit stammenden GOST-Normen. Diese sollten seinerzeit das Vordringen der "feindlichen" Westtechnik verhindern.
Unter den neuen ex-sowjetischen Staaten verweigerte Georgien bisher seine Zustimmung zum russischen WTO-Beitritt. Auch wollen in der russischen Politik und Wirtschaft aus welchen Gründen auch immer "viele nicht wirklich in die WTO", heißt es.
Medwedew wird eher positiv gesehen
Alle diese Probleme werden zwar über kurz oder lang ausgeräumt, dabei können aber Monate vergehen. Sollte dies nicht bis zum Abschluss der Putin-Ära passieren, könnte sich die Lösung in eine ungewisse Zukunft verschieben. Überhaupt scheint die gegenwärtige Entwicklung in der russischen Innenpolitik kleine Schatten auf den zur Schau gestellten Optimismus zu werfen. Den angehenden Präsidenten Dimitri Medwedew sieht die deutsche Wirtschaft aber durchaus positiv. Insgesamt erwarte man vom Duo Medwedew-Putin einen deutlich liberaleren Kurs, als man ihn von Putin allein hätte erwarten können, heißt es.