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Russlands Antwort auf den Westen

Von Konstanze Walther

Wirtschaft
Gurkovsky: Russland will gleichgestellt werden. Foto: fortis

Boom geht unter Medwedew dank der hohen Ölpreise weiter. | I | nvestitions-Gesetz: Gegenseitigkeitsenthalten. | Wien. Die Zeiten der wirtschaftlichen Unsicherheit sind in Russland vorbei. Mit dem neuen Präsidenten Dimitri Medwedew wird das Land kaum von seinem bisherigen Kurs abweichen. Und obwohl im westlichen Europa bezüglich der russischen Staatsführung oft die Nase gerümpft wird: unter Wladimir Putin stabilisierte sich das Land, die Armut geht immer mehr zurück, wohingegen die Mittelschicht wächst. "Auch aus Sicht eines ausländischen Investors brachte die Ära Putin viel Positives: Der russische Aktienindex hat sich in den vergangenen Jahren zumindest verfünfacht", erklärt Vadim Gurkovsky, der beim belgisch-holländischen Finanzkonzern Fortis als Experte für die GUS-Staaten arbeitet (Gemeinschaft Unabhängiger Staaten).


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Dieser Meinung ist auch die Rating Agentur Standard & Poors, die gerade den Ausblick für das Kreditrating Russlands von stabil auf positiv geändert hat. Die heimische Raiffeisen-Bank teilt in einer Aussendung mit, dass man für Russland 2008 ein reales Wirtschaftswachstum von 5,5 Prozent erwartet - Russland erlebt dank der hohen Ölpreise einen zweiten Frühling, "der zumindest mittelfristig anhalten wird", meint Gurkovsky.

Schutz der strategisch wichtigen Bereiche

Daran ändert auch das kürzlich von der Duma verabschiedete Gesetz, dass westliche Investitionen in 45 strategisch wichtige Wirtschaftsbereiche nur noch mit der Genehmigung von der russischen Regierung möglich sind. "Staatliche ausländische Firmen haben da fast keine Chance, für Private ist es wahrscheinlich leichter", schätzt Gurkovsky.

Das Gesetz ist eine Reaktion auf das bisherige Verhalten des Westens. "Man wollten ja nie, dass russische Investoren kommen. Eine Beteiligung der russischen Mobilfunkgesellschaft MTS an der deutschen Telekom wurde etwa nach einer Verhandlungsdauer von zwei Jahren plötzlich verweigert." Damals ging es um eine Beteiligung mit Mitspracherecht. Aber auch als sich Oleg Deripaska bloße 10 Prozent am Bauunternehmen Hochtief gekauft hatte, gingen die Wogen im Westen hoch.

"Die russische Regierung möchte erreichen, dass sie gleichgestellt wird mit den anderen Ländern", erklärt Gurkovsky. Deswegen gibt es in dem Investitions-Gesetz auch einen Sonderparagraphen, der Genehmigungs-Ausnahmen regelt: Nämliche bei gleichzeitiger Investitionsmöglichkeit von russischen Unternehmen im Westen. Auch Aktienkäufe rund um Energie-Unternehmen wie Lukoil sind dementsprechend möglich.

Der Zerfall des damals größten russischen Privatunternehmens Yukos ist vergessen: "Damals war eine Zögern der ausländischen Investoren spürbar. Es war für sie nicht nachvollziehbar, weshalb gleich der ganze Konzern zerschlagen worden ist, und nicht nur der Eigentümer ausgetauscht worden ist."

Ukraine wählt anderen Weg: Beitritt zur WTO

Das nicht jedes GUS-Land das russische Modell und Erdöl-Aufkommen braucht, beweist laut Gurkovsky die Ukraine. Das größte europäische Land, das diesen Sommer der WTO beitritt, hat sich dem westlichen Kapitalmarkt ohne Wenn und Aber geöffnet: Mittlerweile sind rund 90 Prozent der Wirtschaft in Privatbesitz. Neben dem Dienstleistungssektor verzeichnet die Landwirtschaft ein enormes Wachstum. Der ukrainische Export von Agrarprodukten nach Russland wächst jedes Jahr um zweistellige Prozentzahlen.