Die Versuche einer pragmatischen Kooperation mit der EU liegen vorerst auf Eis, auch die USA sind wieder deutlich Russland-kritischer.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 3 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Das Jahr 2021 wird in Russland durch die Corona-Pandemie bestimmt. Die für September geplanten Duma-Wahlen erfordern nämlich, die Krise möglichst glaubwürdig zu überwinden. Zugleich wird der Umbau des politischen Systems weiter vorangetrieben. Die jüngste Verfassungsreform ermöglicht Präsident Wladimir Putin, nach 2024 für zwei weitere Amtszeiten zu kandidieren - offen bleibt, ob er dies tatsächlich anstrebt.
Seine Beliebtheitswerte sinken. Seit den Großdemonstrationen für die Freilassung des Oppositionellen Alexej Nawalny Ende Jänner ist die Stimmung im Land angespannt. Das Regime geht bereits jetzt mit großer Härte gegen seine Unterstützer vor. Wahlfälschungen, eine neue Protestwelle und Repressionen im Zuge der Duma-Wahlen sind daher wohl zu erwarten. Der Unmut in der Bevölkerung wächst aber nicht erst seit Corona. Mehrere Budgetkürzungen und die gegenwärtige Wirtschaftskrise wirken sich als merkliche Reallohnverluste auf die Bevölkerung aus.
Die Versuche einer pragmatischen Kooperation zwischen der EU und Russland sind durch die Causa Nawalny vorerst auf Eis gelegt. Die Konkurrenz um Einfluss in Belarus, in der Ukraine und im Südkaukasus bleibt weiterhin bestimmend für die europäisch-russischen Beziehungen. Der Kreml wird weiter anstreben, Belarus nachhaltig in seiner Einflusssphäre zu verankern. Die EU wiederum sollte aus Gründen der eigenen Glaubwürdigkeit weiter auf einem Rücktritt des weißrussischen Machthabers Alexander Lukaschenko sowie auf freien und fairen Wahlen bestehen. Eine pragmatische Lösung zwischen Brüssel und Moskau ist jedoch nicht zu erwarten. Im Südkaukasus wird Russland den politischen Erfolg in Bergkarabach zum weiteren Ausbau seiner Vormachtstellung nutzen, muss diese aber gleichzeitig gegenüber den türkischen Ansprüchen absichern.
Mit Präsident Joseph Biden kehrt eine deutlich Russland-kritische US-Außenpolitik zurück. Die Stärkung der transatlantischen Beziehungen beeinflusst auch das europäisch-russische Verhältnis. Sie steigert die Resilienz der EU gegen russische Spaltungsversuche. Die USA stärken auch der Ukraine im Konflikt um den Donbass und die Krim den Rücken. Im Bereich der internationalen Rüstungskontrolle konnte durch die Verlängerung des "New Start"-Vertrags eine Entspannung erreicht werden.
Die Konfrontation zwischen Russland und dem kollektiven Westen birgt für Österreich vorrangig wirtschaftliche Risiken, aber unerwartete Eskalationen wie in Bergkarabach zeigen deutlich, dass auch ein sicherheitspolitisches Risiko der Neutralitätsgefährdung weiter besteht. Österreich sollte daher seine bilateralen Beziehungen zu Russland auch in Zukunft als verlässlicher Partner innerhalb der EU gestalten. Dem widerspricht nicht, eine Politik des Dialogs in Kultur, Wissenschaft und Gesellschaft aufrechtzuerhalten - insbesondere vor dem Hintergrund der russischen Einschränkungen der Freiheit im Informations-, Medien- und Bildungssektor.
Eine Langfassung des
vorliegenden Textes finden
Sie in der "Sicherheitspolitischen Jahresvorschau 2021".