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Russlands digitaler Krieg

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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"Die russische Regierung setzt eine breite Palette von Werkzeugen ein, wie Denkfabriken, mehrsprachige TV-Stationen (Russia Today), Pseudo-Nachrichtenagenturen und Multimedia-Services (wie Sputnik), soziale Plattformen und Internet Trolls, um die demokratischen Werte Europas zu beschädigen, Europa auseinanderzudividieren und Staaten in der östlichen EU-Nachbarschaft zu destabilisieren." Diese Resolution des EU-Parlaments lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig.

Tatsächlich spielt Wladimir Putins Russland derzeit ein übles Spiel, in dem es versucht, Widersacher mit gefälschten Informationen zu schädigen oder eigene Aktionen wie Bombardements in Syrien besser aussehen zu lassen, als sie sind. Bei der US-Wahl haben russische Hacker E-Mails von Hillary Clinton (der Kreml dementiert das) und Computer ihrer Demokratischen Partei angegriffen. Dabei läuft alles nach einem klaren Muster ab: Noch in einer frühen Phase des Wahlkampfes spricht sich Putin für einen Kandidaten aus. In den USA war dies Donald Trump, in Frankreich ist es nun der erzkonservative François Fillon. Dann gehen die Hackerangriffe gegen deren Konkurrenten los.

Auch in Deutschland wird diese digitale Aggression Russlands gefürchtet, zumal das größte EU-Land 2017 wählt. In den vergangenen zwei Jahren wurden Hackerangriffe gegen CDU- und SPD-Büros registriert. In Italien tauchte der Putin-Freund Silvio Berlusconi aus der Versenkung auf, um Premier Matteo Renzi zu stürzen.

Die nunmehrige Klarstellung des EU-Parlaments war notwendig.

Mit der Unterstützung extrem rechter und rechtsextremer Politiker sät Russland seit Jahren Zwietracht in Europa. Putins Kalkül ist klar: Einer zerbrechenden EU kann er Energiepreise diktieren und braucht keinen Widerstand gegen seine Aggression im Osten zu fürchten. Und mit einem guten Freund im Weißen Haus wird die Nato geschwächt. Russland würde in Europa den Ton diktieren.

Die öffentlichen Proteste der westlichen Regierungen fielen bisher eher verhalten aus, das dürfte sich nun ändern. Die Regierungen können dabei auf Verständnis der Bevölkerung hoffen, denn es gibt in den europäischen Ländern wohl nur wenige, die in einem System à la Putin leben wollen. Die unsichtbare Hauptarbeit werden aber die Geheimdienste zu leisten haben.