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Russlands Machtrochade hat begonnen - zunächst in der Partei

Von WZ-Korrespondentin Inna Hartwich

Europaarchiv
Abschied: Medwedew.

Analyse: Medwedew erbt von Putin den Vorsitz der ungeliebten Machtpartei.


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Moskau. Am drastischsten drückt es Alexej Tschadajew aus. Er wolle nicht mehr länger ein Spielzeug für eine Puppe sein, schreibt er in seinem Blog. Er wolle raus aus der Kreml-Partei Einiges Russland (ER). Tschadajew tut es dem designierten Präsidenten Russlands gleich. Auch Wladimir Putin verabschiedet sich aus der Partei, deren Vorsitz er vier Jahre lang innehatte, ohne ihr Mitglied zu sein. Nun gibt er ihn ab - an den Noch-Präsidenten und Regierungschef in spe, Dmitri Medwedew.

Damit ist der zweite politische Rollenwechsel an Russlands Spitze besiegelt, wenn auch formal noch die Delegierten auf dem Parteitag Ende Mai zustimmen müssten. Im Herbst erst hatte Medwedew demütig vorgeschlagen, mit Putin das Amt des Präsidenten zu tauschen, nun folgt der nächste Schritt. Tschadajew aber macht bei diesem Spiel nicht mehr mit und will sein Parteibuch abgeben. Der Mann war einst Vizechef der Zentralen Wahlkommission Russlands und Chef des politischen Ressorts von ER, in Politkreisen galt er als "Hauptideologe der Partei". Vor einem Jahr musste er die Stelle räumen, er hatte öffentlich die Zustimmung Medwedews zur UN-Libyen-Resolution kritisiert.

Das Vorgehen des 33-jährigen Parteimitglieds mag eigenwillig sein, doch es zeigt, dass Medwedew und ER noch einige Reibereien bevorstehen. Vor allem offenbart der erneute Ämtertausch des russischen Tandems aber, dass Medwedew weiterhin nur die Rolle des Lakaien zugedacht ist. Politisch selbstständig wird der 46-Jährige nicht agieren, stets erwartet ihn die schützende, stützende und kontrollierende Hand seines mächtigen Ziehvaters Putin.

Dass Putin sich vom Parteivorsitz distanziert, war erwartet worden. Es ist ein weiterer Schritt zur Trennung zwischen der Person des neuen Präsidenten und dem schlechten Image der Partei. ER kämpft seit Monaten mit Wählerverlusten, gilt im Volksmund nur noch als die "Partei der Diebe und Gauner", gegen die sich all der Hass der Unzufriedenen im Volk richtet. Bei der Parlamentswahl im Dezember büßte sie die Zweidrittelmehrheit ein.

Putin konzentrierte sich daraufhin sehr auf seine Unabhängigkeit, suchte vermehrt die Nähe zur von ihm ins Leben gerufenen Allrussischen Volksfront. Schon sprechen Politologen davon, dass diese Vereinigung aus verschiedenen Gruppen und Verbänden zu einer eigenen neuen Partei umfunktioniert werden soll. Manche sprechen bereits vom Zerfall von Einiges Russland.

Auch Medwedew sah in ER noch vor einem halben Jahr eine degradierende Partei, die endlich ihre Kraft beweisen und die Korrumpierten und Arbeitsscheuen aus den vorderen Reihen abziehen und bestrafen solle. Die Ideologie der Partei stellte der Noch-Präsident zwar vorsichtig, aber doch immer wieder in Frage. Schon allein deshalb wirkt es unglaubwürdig, dass er eben dieser Partei nun vorstehen soll. Selbst einer seiner wichtigsten Berater spricht Medwedews bevorstehendem Wechsel an die Parteispitze jeden Sinn ab. Doch "ein Vorsitzender muss in der Partei sein", so Medwedew jüngst.