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Der Syrien-Krieg hat gezeigt, dass die politisch-ideologischen Lager flexibler und pragmatischer sind als bisher angenommen.
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Der Stellvertreterkrieg in Syrien hat Russland auf die Bühne der Weltpolitik zurückgebracht. Mit der aktuellen Allianz zwischen Russland, der Türkei und dem Iran entsteht im Nahen Osten ein neuer Machtpol.
"Nicht der Irak und auch nicht ich haben den Krieg verloren, sondern Russland", soll der Diktator Saddam Hussein vor seiner Hinrichtung gesagt haben. Gemeint war wohl die Unterstützung Saddams durch Russland. Der Satz - falls er wahr sein sollte - zeigt, dass der Diktator, der einst der ganzen Welt drohte, sich seiner eingeschränkten Macht bewusst war und im Hintergrund des Irak-Kriegs ein Kräftemessen anderer Akteure stattfand.
Russland konnte sich im Irak-Konflikt auf der Nahost-Bühne nicht als neue globale Macht beweisen. Durch Strategien im syrischen Bürgerkrieg und die Unterstützung des Assad-Regimes sowie neue Verbündete gelang es Russland jedoch, sehr lange nach dem Zerfall des Eisernen Vorhangs sein Vorhaben, als einflussreiche politische Macht auf die Weltbühne zurückzukehren, zu erreichen.
Schon während der Sowjetzeit pflegte der Kreml gute Beziehungen zu den Diktatoren im Orient. Mit dem Iran verbinden ihn neben der Unterstützung für Baschar al-Assad auch Wirtschaftsbeziehungen. Der Iran bezieht einen nicht zu unterschätzenden Anteil seiner militärischen Ausrüstung aus Russland. Russische Kampfjets wiederum fliegen vom Iran aus nach Syrien. Die Pragmatik von US-Präsident Barack Obama und das Atomabkommen haben das ewig angespannte Verhältnis zwischen dem Iran und den USA zwar etwas normalisiert, die gemeinsame Skepsis gegenüber Donald Trump bringt den Iran und Russland allerdings noch mehr zusammen. Im Syrien-Krieg hat sich auch die Türkei auf die Seite Russlands und des Iran gestellt. Wie sich das auf die Beziehung zwischen der Türkei und der sunnitischen Welt auswirken wird, ist noch nicht absehbar. Dennoch: Sollte der Pakt bestehen bleiben, dürfte das mächtige Trio eine nicht zu unterschätzende Position in Nahost einnehmen. Syrien hat andererseits gezeigt, dass die politisch-ideologischen Lager flexibler und pragmatischer sind als bisher angenommen und neue Verbindungen und Verbündete jederzeit entstehen können. Die Türkei, stets ein treuer Verbündeter der USA, ist bereit, gemeinsam mit Russland auf der Seite Assads zu agieren, der erst vor kurzem noch auf der Liste ihrer Feinde stand.
Eine Neuordnung in den krisengebeutelten multi-ethnischen, multi-konfessionellen und teils multi-religiösen Nahost-Staaten ist wohl nicht leicht umzusetzen. Das Chaos im Irak und in Syrien ist auch auf die vielen unterschiedlichen Akteure zurückzuführen. Nach dem Irak und Syrien zeigt sich nun auch die Stabilität der Türkei sehr fragil.
Ausgerechnet am Jahrestag des Zerfalls der Sowjetunion betonte Wladimir Putin die Notwendigkeit der Integration der ehemaligen Sowjetrepubliken - wohlwissend, dass die Länder Zentralasiens genauso anfällig für Krisen sind wie der Nahe Osten. Ob ihnen ein ähnliches Schicksal bevorsteht, wird sich weisen. Dies wird vor allem von Russlands Beziehungen und strategischer Geschicklichkeit abhängen und davon, wie sich die anderen globalen Player positionieren.