EU und USA nehmen auch Vermögen der Kreml-nahen Elite ins Visier. Und dieses ist enorm.
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Russlands Superreiche haben einen beachtlichen Anteil ihres Vermögens offshore angelegt. Also im Ausland gebunkert, oft in sogenannten Steueroasen. Hierbei handelt es sich großteils um Oligarchen-Vermögen, das auch Wladimir Putins Regime zugerechnet wird. Gezielte Sanktionen gegen diese Vermögenswerte könnten zur Achillesferse Russlands werden.
"Die fortgeschrittenen Demokratien haben eine weitere, mächtige Finanzwaffe gegen das Putin-Regime, wenn sie bereit sind, diese einzusetzen: Sie könnten sich den riesigen Übersee-Reichtum der russischen Oligarchen krallen, die Putin umgeben und ihm helfen, an der Macht zu bleiben", schreibt Ökonom Paul Krugman in einem Kommentar in der "New York Times". Und dieser Reichtum ist in der Tat enorm.
Hälfte des BIP im Ausland
Russen bunkern Vermögen im Wert von mehr als der Hälfte ihrer gesamten Wirtschaftsleistung im Ausland. Das hat ein Forscherteam rund um den französisch-stämmigen Ökonomen und Verteilungsexperten Gabriel Zucman vom National Bureau of Economic Research (NBER) in Cambridge, Massachusetts, errechnet. Die Forscher haben internationale Finanzströme herangezogen und dabei Daten der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich über Einlagen von Personen mit Wohnsitz im Ausland ausgewertet.
Dabei ist auch herausgekommen, dass die Top 0,01 Prozent der reichsten Russen mehr als
12 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung besitzen, mehr als die Hälfte davon ist außer Landes geparkt. Dabei handelt es sich nicht nur um Bankkonten, sondern auch um Aktien, Luxusimmobilien, Firmenateile. Weltweit liegen den Berechnungen der Forscher zufolge übrigens gut zehn Prozent der globalen Wirtschaftsleistung – legal oder illegal – offshore. Russland ist in Österreich mit 21,4 Milliarden Euro und 500 hier tätigen Firmen der zweitgrößte Auslandsinvestor nach Deutschland. Darunter sind Bankkonten, Firmenanteile, Luxusvillen in beliebten Skigebieten, Penthäuser in der Wiener Innenstadt, Stadtpalais.
EU verschärft Gangart
Die EU, die USA und Großbritannien beginnen nun nach und nach, das Vermögen von reichen Russen, die als Kreml-nah gelten, ins Visier zu nehmen. Großbritannien verschärft etwa die Gangart gegen russische Oligarchen. London, scherzhaft "Londongrad" genannt, ist ein beliebter Rückzugsort für russische Superreiche. Zahlreiche russische Konzerne sind an der dortigen Börse gelistet. Etwa Lukoil, für das Ex-ÖVP-Kanzler Wolfgang Schüssel als Aufsichtsrat tätig ist. So könnte der russische Milliardär Roman Abramovich, dem der Fußball-Klub Chelsea gehört, sein Bleiberecht in Großbritannien verlieren. Auch über Enteignung von Kreml-nahen Russen wird dort diskutiert.
Die EU-Staaten planen außerdem laut Österreich Außenminister Alexander Schallenberg, Vermögenswerte von Präsident Putin und Außenminister Sergej Lawrow innerhalb der EU einzufrieren. "Wir werden das jetzt unter den Außenministern vereinbaren und dingfest machen", sagte Schallenberg am Freitag vor einem Treffen mit seinen EU-Amtskollegen in Brüssel. Das sei in "der Geschichte ein einmaliger Schritt". Auch anderen, Kreml-nahen Oligarchen könnten es nun an den Kragen gehen, heißt es vonseiten der EU.
Wer vorerst keine Konten und Vermögen von Russen einfrieren wird, ist die Schweiz. Die Regierung in Bern begründet dies damit, dass es nicht mit der Neutralität des Landes vereinbar sei. Man wolle aber Maßnahmen verschärfen, damit die Schweiz nicht als Umgehungsplattform für die von der EU erlassenen Sanktionen benutzt werden könne, heißt es. Die Richtlinien sollen also verschärft werden, damit von den Sanktionen betroffene Vermögen nicht aus der EU in die Schweiz transferiert werden. Die Schweiz ist ein beliebter Anlageort. Laut Zucman und seinen Forscherkollegen wurde dort im Jahr 2016 ein Viertel des weltweiten Offshore-Vermögens gebunkert.