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Karin Kneissls Hochzeit erregt international Aufsehen und ist daher auch politisch nicht belanglos.
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Das wird sicher nicht das wichtigste diplomatische Ereignis des 21. Jahrhunderts sein, wohl aber eines der ausgefallensten: Da gibt der russische Präsident Wladimir Putin – einer der drei mächtigsten Männer der Welt – der österreichischen Außenministerin Karin Kneissl die Ehre, an ihrer Hochzeit an der südsteierischen Weinstraße teilzunehmen. Vizekanzler Heinz-Christian Strache baute Spekulationen gleich vor: Putins "privater Besuch der Hochzeit sei eine ganz besondere freundschaftliche Wertschätzung und Auszeichnung unserer Außenministerin." Auch das Außenministerium qualifizierte die Hochzeit als "private Feier", die hunderte Polizisten absichern, das werde keinen Einfluss auf Österreichs Außenpolitik haben. Putin ist also Gast bei einer "privaten Feier".
Die Bedeutung dieses Ereignisses an einem hypothetischen Beispiel bemessen: Zur Hochzeit einer Unterrichtsministerin kämen der Bundeskanzler, aber keine Präsidenten, denn dieses Ministerium hat nicht annähernd internationale Bedeutung wie das Außenministerium. Hinzu kommt, das Österreich derzeit den EU-Ratsvorsitz innehat und die EU über Russland Sanktionen wegen der Aggressionspolitik in der Ukraine verhängt hat. Damit bekommt Kneissl mehr Verantwortung und politisches Gewicht gegenüber Russland –wiewohl Österreich international ein Leichtgewicht ist. Daran ändert auch die Reaktion der Ukraine auf Putins Reise zur Hochzeit nichts: "Von nun an kann Österreich kein Vermittler in der Ukraine mehr sein."
Eine klassische römische Regel lautet: "Was immer du tust, tue es klug und bedenke die Folgen." Putins Stippvisite zu einer "privaten Feier" in der Südsteiermark hat aber Folgen. Der russische Präsident ist willkommen in einem EU-Staat, der für diesen Arbeitsbesuch einen Teil der Kosten für "die übliche Sicherheitsbetreuung eines ausländischen Staatgastes" übernimmt. Teilnahme an einer "privaten Feier" soll Arbeit sein und wird daher vom Außenministerium teilfinanziert werden? Die Außenministerin findet anscheinend nichts dabei, dass der Steuerzahler ihre private Feier mitfinanziert. Das ist unsauber.
Bei diesem Arbeitsbesuch tritt der Autokrat Putin nicht als Privatmann auf, weil er die Interessen seines Landes nie aus den Augen verlieren darf. Die Augen und Ohren der Öffentlichkeit verfolgen doch jedes seiner Worte und jede seiner Gesten. Deshalb wird Putin in der Südsteiermark als höflicher Gentleman u. a. mit der Absicht auftreten, von seiner blutigen Syrienpolitik, der Einmischung in der Ukraine und der Besetzung der Krim abzulenken.
Frau Kneissl ist das Glück einer fröhlichen Hochzeitsfeier sehr wohl zu gönnen. Allerdings hat auch sie mit der Einladung Putins subtil Politik gemacht: Der mächtige Russe besucht eine private Feier in einem kleinen Land und kann sich als leutselig und liebenswürdig vorstellen. Das mag den Beziehungen Österreichs zu Russland nützen. Warum nicht? Hätte es den Beziehungen zwischen Wien und Kreml geschadet, wäre Putin nicht eingeladen worden? Oder unterbricht Putin seine Reise nach Berlin für einige Stunden in Österreich nur, um publikumswirksam sein Image zu polieren?
Trotzdem könnte man Kneissls Einladung an Putin einen positiven Aspekt abgewinnen: Alles was der friedlichen Zusammenarbeit in Europa nützt, ist gut. Aus diesem Blickwinkel ist Putins "Arbeitsbesuch" kein Nachteil, obschon Putin und Kneissl damit auch politische Absichten verbinden mögen. Mit einander zu reden und einander mit steierischem Wein zuzuprosten ist allemal besser, als einander anzuknurren. Und das hat in Österreich lange kaiserliche Tradition: "Mögen andere Kriege führen, du glückliches Österreich heirate."