Putin: Fälschungsvorwürfe Erfindung der vom Ausland gesteuerten Opposition.
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Moskau. Umgehen kann er sie nicht, auf sie eingehen will er aber auch nicht so recht. Doch die Moderatoren bleiben hartnäckig und stellen sie immer wieder, diese eine Frage: Wie steht Wladimir Putin, der bald wieder in den Kreml umsiedelt, zu den Straßenprotesten wegen offensichtlich gefälschter Parlamentswahlen? "Das ist absolut normal, dass die Menschen ihre Meinung äußern", wiegelt der Premier ab. Der 59-Jährige gibt sich bester Laune. Wenn die Proteste als "Ergebnis Putinschen Regimes" bezeichnet werden, finde er das gar nicht so negativ. Er habe dort "frische und intelligente Gesichter" gesehen. Fertig, nächste Frage.
Putin beantwortete am gestrigen Donnerstag in einer Live-Sendung die Anliegen seiner Bürger. Seit zehn Jahren tut er das mittlerweile. Ganz direkt im Gespräch mit dem Volk, wie es seit Tagen in der Fernsehwerbung hieß. 4,5 Stunden Zeit nimmt er sich für die mediale Bürgernähe. Knapp drei Millionen Botschaften hätten die Macher per SMS, am Telefon oder per Mail erreicht, auf 53 von ihnen geht Putin ein. Es sind Fragen zu Rentenerhöhungen, zum Gesundheitssystem, zur Zeitumstellung. Warum steigen die Nebenkosten, wie steht es um den Kaukasus, wann werden mehr Theater im Land gebaut? Und immer wieder die Proteste. Das Ergebnis der Wahl spiegele die Haltung der Menschen im Land wieder, sagt der Premier. Das schlechte Abschneiden der Regierungspartei sei die Folge einer "schwierigen Periode in der Weltfinanzkrise". Die Opposition werde immer wieder behaupten, die Wahlen seien gefälscht. "Lasst uns von diesem Thema abrücken." "Das Thema" aber zieht sich wie ein roter Faden durchs Programm. Putins Reaktion: verächtlich. Der Opposition wirft er vor, Studenten dafür zu bezahlen, auf die Straße zu ziehen und vom Ausland gesteuert zu sein. "Diese Menschen folgen einem Schema der Destabilisierung. Sie haben einen russischen Pass, handeln aber im Interesse von außerhalb." Der Westen wolle Russland "ins Abseits drängen".
Während sein neuer Widersacher, Multimilliardär Michail Prochorow, fast zeitgleich auf einer Pressekonferenz im Falle seines Sieges die Freilassung des Ex-Ölmagnaten Michail Chodorkowski verspricht, lehnt sich Putin zurück - Erfolg wünsche er Prochorow nicht. Stattdessen schlägt der Noch-Premier vor, bei der Präsidentschaftswahl Webkameras in allen 90.000 Wahllokalen einzurichten, um Wahlfälschungen künftig zu vermeiden.
Die Sendung ist penibel konzipiert. Ein wenig Lob hier, ein bisschen Kritik da. Der Chefredakteur des kremlkritischen Radios "Echo Moskwy" versucht schließlich doch noch, zu erfahren, was die Regierung mit dem unzufriedenen Volk zu machen gedenke. Es sei alles gesagt worden, meint Putin, und: "Ihr nervt mich mit diesen Wahlen."