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Rüsten für die neue Autowelt

Von Karl Leban

Wirtschaft

Um wettbewerbsfähig zu bleiben, muss sich die kriselnde deutsche Autoindustrie zum Teil neu erfinden. Dies hat auch Konsequenzen für die österreichischen Zulieferer.


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Schon vor Ausbruch der Corona-Pandemie stand die Autoindustrie wegen der Abgasdebatte vor einem großen Umbruch. Mit der Viruskrise hat sich der Druck auf die Branche aber nochmals erhöht - so auch in Österreich, wo viele Zulieferer vor allem von den weltweit breit aufgestellten deutschen Autobauern abhängig sind. Für Dienstagabend war in Deutschland ein Autogipfel mit Branchenvertretern und der Politik angesetzt. Dabei ging es um Zukunftsfragen rund um den wichtigsten Wirtschaftszweig der größten EU-Konjunkturlokomotive - dazu zählten etwa die Themen alternative Antriebe, autonomes Fahren oder digitaler Wandel. Es ging aber auch darum, wie der kriselnden Schlüsselbranche staatlicherseits unter die Arme gegriffen werden könnte, um die Autoverkäufe wieder anzukurbeln.

Rund um den Erdball löste Corona ja einen Nachfrageschock beim Verkauf neuer Pkw aus, von dem sich die Autoindustrie bisher noch kaum erholt hat. Infolge des lahmenden Absatzes sind jedenfalls so gut wie alle Autohersteller und vor allem die Zulieferer unter enormen Kostendruck geraten. Vielerorts - eben auch im Autoland Deutschland und in Österreich - gibt es nach wie vor Kurzarbeit, während gleichzeitig Personalabbaumaßnahmen drohen oder Kündigungen zum Teil bereits ausgeweitet wurden. Auch wichtige Investitionen mussten aus Kostengründen zuletzt gekappt werden.

Düstere Prognosen für den heurigen Autoabsatz

"Die globalen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie sind im Jahr 2020 so dramatisch, als wäre ein Markt von der Größe Europas über Nacht verschwunden", sagt Jens Haas von der US-Beratungsfirma AlixPartners. Für heuer rechnet der Experte mit einem Einbruch der globalen Verkaufszahlen um circa 20 Millionen Autos gegenüber dem Vorjahr. Geht es nach Haas, werden die Absatzzahlen von 2019 voraussichtlich bis 2025 nicht wieder erreicht.

Indes prognostiziert auch Europas Autobranche für 2020 einen nie gekannten Absatzeinbruch wegen der Corona-Krise. Die Zahl der Neuzulassungen in der EU dürfte demnach um etwa ein Viertel auf rund 9,6 Millionen Pkw schrumpfen, wie der europäische Branchenverband Acea kürzlich mitteilte. Damit würden die Verkaufszahlen auf das niedrigste Niveau seit 2013 zurückfallen.

Wie dramatisch die Lage ist, zeigt vor allem die Entwicklung in Deutschland: Dort brach der Absatz von Neuautos im August um 20 Prozent ein - trotz angehobener Kaufprämien für Elektroautos und trotz Mehrwertsteuersenkung. Für Österreich liegen indes noch keine August-Daten vor (die Statistik Austria wird sie heute, Mittwoch, bekanntgeben). Im Juli ging es mit der Zahl der Pkw-Neuzulassungen um mehr als 13 Prozent nach unten. Bereits im ersten Halbjahr hatte die Virus-Krise den österreichischen Neuwagenmarkt so wie die anderen Märkte in Europa stark ausgebremst. Unterm Strich setzte es einen Rückgang um mehr als ein Drittel, wobei das Verkaufsminus in den beiden Shutdown-Monaten März und April besonders groß war.

Die Rückgänge in Österreich waren ausschließlich bei Autos mit Verbrennungsmotoren, also bei benzin- und dieselbetriebenen Fahrzeugen, zu verzeichnen. Dennoch machen diese Verkäufe nach wie vor mehr als 80 Prozent des gesamten Pkw-Absatzes aus. In der Nische bei den alternativen Antrieben gab es hingegen durch die Bank hohe Wachstumsraten, ausgehend von niedrigem Niveau: vor allem bei Autos mit Benzin- oder Diesel-Hybridantrieb und bei Elektroautos. Europaweit ist der Trend bei der Entwicklung der Pkw-Neuzulassungszahlen ähnlich, demnach sind hybride Fahrzeuge und E-Autos im Vormarsch.

Ohne Österreich rollt weltweit kaum ein Auto vom Band

Nicht zuletzt aufgrund der vielerorts gepriesenen E-Mobilität, die durch Corona einen neuen Stellenwert bekommen hat, lastet hoher Innovationsdruck auch auf Österreichs Autozulieferern. Die können sich derzeit zwar noch auf ihre Fahnen heften, dass ohne sie kaum ein Auto weltweit vom Fließband rollen kann, zumal sie ihren Auftraggebern so gut wie alles liefern - vom Motor bis zum Sportsitz, von Karosserieteilen und Sicherheitssystemen bis hin zur Batterie. Doch zum Teil müssen sie sich so wie die Autobauer neu erfinden, wollen sie weiterhin wettbewerbsfähig bleiben. Zu den Großen der österreichischen Autozulieferbranche, die insgesamt rund 35.000 Beschäftigte zählt und jährlich rund 43 Milliarden Euro an Umsätzen tätigt, gehören vor allem Magna Steyr, Voestalpine, AVL List, BMW Motoren, MAN Österreich, Opel Wien, Miba und Bosch.

Österreich hat zuletzt die Förderung für die aus Sicht der Politik umweltfreundlicheren Elektroautos erhöht. Seit 1. Juli bekommt man beim Kauf eines Pkw mit Elektroantrieb eine Prämie von 5000 (statt bisher 3000) Euro. Die Aktion ist vorerst bis Jahresende befristet.

Im Gegenzug wird hierzulande ab Oktober die motorbezogene Versicherungssteuer neu berechnet. PS-starke Neuwagen mit hohen CO2-Emissionen werden dann teurer, sparsame Mittelklasseautos günstiger. Eine am Dienstag präsentierte Studie der Wiener Städtischen Versicherung zeigt, dass die Österreicher zuletzt auf immer PS-stärkere Autos abgefahren sind. Binnen zehn Jahren ist die PS-Stärke um ein Fünftel angestiegen.