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Rutsche für den Wiedereinstieg

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft
Training für die spätere Arbeitsstelle: Sozialintegrative Betriebe bereiten Menschen auf die Rückkehr ins Arbeitsleben vor.
© Wien Work

Langzeitbeschäftigungslose werden für den Arbeitsmarkt vorbereitet.


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Wien. "Ich mache meine Arbeit gründlich, aber wahrscheinlich zu langsam", erklärt ein Jobsuchender bei der Wiener Jobmesse für Langzeitbeschäftigungslose einer Beraterin am Messestand von Job-Transfair, einem gemeinnützigen Arbeitskräfteüberlasser. Seit 2008 sucht er einen Job - und hofft wie zahlreiche andere Besucher, darunter Migranten und (ehemalige) Suchtkranke, eine passende Stelle zu finden.

Der Mann ist einer von derzeit knapp 37.000 Wienern, die seit mehr als einem Jahr eine neue Stelle suchen. Österreichweit ist die Zahl zuletzt deutlich gestiegen und lag per Ende August bei mehr als 89.000 Langzeitbeschäftigungslosen, die beim Arbeitsmarktservice (AMS) vorgemerkt waren. Diese Gruppe macht fast ein Viertel der Arbeitslosen aus.

Mit der eigenen Lebenssituation überfordert

"Gefährdet sind vor allem Geringqualifizierte, gesundheitlich Beeinträchtigte und Schuldner, weil sich Arbeitgeber schneller von diesen Mitarbeitern trennen", sagt Walter Wojcik, Präsident des Wiener Dachverbandes für sozialökonomische Einrichtungen (DSE). "Immer mehr Arbeitssuchende kommen mit ihrer eigenen Lebenssituation nicht mehr zurecht und erkranken psychisch." Bei Migranten sei vor allem die Anerkennung von im Ausland erworbenen Abschlüssen ein Problem.

Sozialintegrative Einrichtungen bieten Langzeitbeschäftigungslosen nicht nur eine Stelle auf Zeit, sondern auch persönliche Betreuung. "Wir legen die Rutsche und ermöglichen Firmen, auf kostenschonende Weise mit den überlassenen Mitarbeitern zusammenzuwachsen", sagt ein Kompetenzberater von Job-Transfair, das vom AMS Wien gefördert wird. Job-Transfair vermittelt arbeitsfähige Personen nach einem vierwöchigen Vorbereitungskurs an Betriebe - in der Hoffnung, dass verliehene Mitarbeiter nach Ablauf des befristeten Dienstverhältnisses übernommen werden. Der 38-jährige Johannes B. suchte zwei Jahre lang Arbeit, obwohl er zum Elektromechaniker und Bürokaufmann ausgebildet ist. Über Job-Transfair hat er eine befristete Stelle als Mechatroniker gefunden - mit guten Chancen auf eine Übernahme.

Ebenfalls als Transitarbeiterin beschäftigt ist eine junge Frau, die nach ihrer Entlassung aus dem Gefängnis über die Wiener Berufsbörse an "fix und fertig" vermittelt wurde. "fix und fertig" beschäftigt Suchtkranke als Tagelöhner und später als Transitarbeiter in Siebdruck, Renovierung und Postversand. "Die Arbeit hilft, wieder in einen geregelten Tagesrhythmus hineinzufinden. Bei Problemen hat man einen Ansprechpartner. Meine Betreuerin hat mich zur Schuldnerberatung begleitet und mir geholfen, ein Konto bei der Zweiten Sparkasse zu eröffnen", sagt die Mitarbeiterin mit bunt gefärbten Haaren, die später im Designbereich arbeiten möchte. Seit vier Monaten bedruckt sie als Transitarbeiterin Babykleidung und Taschen mit bunten Motiven oder Firmenlogos. "fix und fertig" wird von der Stadt Wien durch die Sucht- und Drogenkoordination Wien gefördert, das AMS zahlt Eingliederungsbeihilfe für Transitstellen.

Psychisch Erkrankte können im Betrieb Max mit Betriebskantine und Catering, der vom AMS gefördert wird, eine Beschäftigung auf Zeit finden. Im sozialökonomischen Betrieb von pro mente Wien sollen sich Langzeitbeschäftigungslose an den Arbeitsalltag mit Verpflichtungen gewöhnen und eine finanziell nicht geförderte Stelle im ersten Arbeitsmarkt finden. "Oft geht es darum, dass die Beschäftigten wieder Selbstbewusstsein aufbauen. Hauptproblem ist die psychische Stabilität: Es gibt bessere und schlechtere Phasen, manche brechen die Beschäftigung ab", sagt Barbara Steinböck, psychosoziale Leiterin beim Catering Max.

Nicht in der Küche, sondern im Garten sind die Transitarbeiter der Bandgesellschaft zu finden. Von der Reinigung über EDV und Handwerk bis zur Gartenarbeit reichen die Einsatzbereiche für behinderte Menschen. Das Arbeitsintegrationsprojekt "Rund ums Haus" begleitet die vom AMS vermittelten Personen bei Arbeit und Jobsuche. Förderung kommt vom Bundessozialamt.

Dachverband will Förderung bis zu 15 Monate lang

Ausschlaggebend für den Erfolg sozialintegrativer Betriebe sei die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses, verweist DSE-Präsident Wojcik auf eine Studie des AMS Oberösterreich, und fordert: "Unser Ziel ist eine nachhaltige Vermittlung an Unternehmen im ersten Arbeitsmarkt. Wenn nötig, sollten Beschäftigungsverhältnisse künftig bis zu 15 Monate lang gefördert werden können."