Eine Woche nach dem Einmarsch seiner Truppen in der abtrünnigen Provinz Südossetien hat der georgische Präsident Michail Saakaschwili das international ausgehandelte Waffenstillstandsabkommen für sein Land unterzeichnet. Er leistete die Unterschrift am Freitag im Beisein von US-Außenministerin Condoleezza Rice.
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Sie habe die Zusicherung, dass auch der russische Präsident Dmitri Medwedew ein identisches Dokument unterzeichnen werde, sagte Rice in der georgischen Hauptstadt Tiflis.
Laut Waffenstillstandsplan müssen sich die russischen Einheiten zu den Stellungen zurückziehen, die sie vor dem Ausbruch der schweren Kämpfe vor rund einer Woche innehatten.
Rice betonte, dass alle russischen Truppen Georgien nun unmittelbar verlassen müssten. Georgien sei angegriffen worden, und die Welt müsse jetzt dabei helfen, die Unabhängigkeit des Landes und die Unverletzlichkeit seiner Grenzen sicherzustellen. Die USA stünden hinter Saakaschwili und dessen Beharren auf der territorialen Einheit seines Landes mitsamt der abtrünnigen und von Moskau protegierten Gebiete Südossetien und Abchasien. Rice wiederholte die Warnung, Russlands militärisches Vorgehen in Georgien werde "ernste Folgen" für die Beziehungen zum Westen haben.
Saakaschwili: Schuld sind Europa und die NATO
Saakaschwili bekräftigte, dass sein Land niemals auf seine abtrünnigen Regionen verzichten werde. Er gab gleichzeitig den europäischen Staaten eine Mitschuld am Blutvergießen in seiner Heimat. Er habe seit Wochen vor russischen Aggressionen gewarnt, was europäische Politiker aber als übertrieben abgetan hätten, sagte der georgische Präsident. Saakaschwili gab auch der NATO eine Mitschuld an der Eskalation des Konflikts. Beim NATO-Gipfel im April in Bukarest habe das westliche Bündnis Georgien die Mitgliedschaft verweigert und Russland damit ermutigt, sagte er.
Georgiens frühere Parlamentspräsidentin Nino Burdschanadse stellte die Entwicklung differenzierter dar. In einem Interview mit dem Standard sagte die Politikerin, sie habe vor einer Militäraktion gegen die abtrünnige Region Südossetien gewarnt: "Ich warnte davor, dass Russland handeln wird, wenn es zu einer Militäraktion kommt." Es habe in der georgischen Führung jedoch Stimmen gegeben, die nicht mit einem Eingreifen Russlands gerechnet hätten.
Konflikt USA-Russland
Auch US-Präsident George W. Bush und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel verlangten am Freitag mit deutlichen Worten den Abzug der russischen Truppen aus dem georgischen Kerngebiet.
Der russische Präsident Medwedew verteidigte dagegen sein Vorgehen und stellte die Grenzen Georgiens infrage. Bei einem Treffen mit Merkel im Schwarzmeer-Badeort Sotschi machte Medwedew klar, dass er von einer Abspaltung der Regionen Südossetien und Abchasien von Georgien ausgehe: Russland werde sich vom Willen der Bevölkerung in Südossetien und Abchasien leiten lassen. "Nach allem, was geschehen ist, wird es für Abchasen und Osseten kaum noch möglich sein, in einem georgischen Staat zu leben", sagte der russische Präsident.
Ausgangspunkt für eine politische Lösung in Georgien müsse die territoriale Integrität Georgiens sein, sagte Merkel. Keinesfalls könnten Friedenstruppen aufgestellt werden, die nicht von den Beteiligten akzeptiert werden, erklärte die deutsche Regierungschefin.
Der französische Präsident Nicolas Sarkozy tritt nach Saakaschwilis Unterzeichnung des Abkommens für die rasche Einberufung des UNO-Sicherheitsrates ein. Der amtierende EU-Ratspräsident Sarkozy hatte bereits am Donnerstag den Plan im Namen der EU als Garanten unterzeichnet. Saakaschwilis Unterschrift "sowie die von Präsident Medwedew angekündigte Unterzeichnung öffnen den Weg" zu dem von Moskau versprochenen Truppenrückzug, erklärte der Élysée-Palast.
Russland: Georgische Waffenarsenale zerstört
Die russische Armee hat nach eigenen Angaben den Abtransport oder die Zerstörung georgischer Waffenarsenale fast vollendet. Im georgischen Militärstützpunkt Gori seien tragbare Panzer- und Flugabwehrraketen zerstört worden, sagte Generalleutnant Nikolai Uwarow am Freitag in Moskau.
"Eigentlich hätten unsere Einheiten schon gestern den Abtransport des Arsenals aus der Kaserne in Gori beenden sollen. Aber es war so eine große Menge, dass es länger gedauert hat." Russische Soldaten seien nur noch in der Kaserne in Gori, nicht in der Stadt selber. Der Abtransport der Waffen aus dem westgeorgischen Militärstützpunkt Sugdidi sei beendet. "Auch dort stehen keine unserer Soldaten mehr", sagte Uwarow nach Angaben der Agentur Interfax.
NGO: Einsatz von Streubomben
Die russischen Streitkräfte haben nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch während der Kämpfe in Georgien Streubomben gegen Zivilpersonen eingesetzt. Die Luftwaffe habe über der Stadt Gori und der Ortschaft Ruisi Streumunition abgeworfen, die mindestens elf Menschen getötet habe, erklärte die in New York ansässige Organisation am Freitag. Moskau wies die Vorwürfe zurück.
Streubomben enthalten Hunderte kleiner Sprengsätze. Ihre Explosionswirkung erfasst etwa eine Fläche von der Größe eines Fußballfeldes. Nicht explodierte Sprengsätze stellen noch über Jahre hinweg eine tödliche Gefahr dar.
Zum ThemaDossier:Krieg um Südossetien
+++ Stichwort: Der Sechs-Punkte-Plan