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Saddam-Büsten billig abzugeben

Von Dafna Linzer

Politik

Bagdad - Die Generäle stehen nach wie vor stramm und bilden eine Gasse für ihren Führer Saddam Hussein. Der gestürzte irakische Staatschef steht ebenso unbeweglich vor seinen Getreuen - wie diese ist er aus weißem Kunstkalkstein, und er wird wie diese die Eisentür am Studioeingang wohl nur noch verlassen, um endgültig vernichtet zu werden.


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In einem Industrievorort Bagdads steht eine der vielen meist namenlosen Produktionsstätten von Standbildern, die vor der Invasion der von den USA geführten Koalitionstruppen seit Generationen als sicherer Arbeitsplatz galten. Nach dem Sturz des Regimes ist auch hier nichts mehr, wie es war. Saddam-Hussein-Büsten sind vom Verkaufsschlager zum Ladenhüter geworden. Sie taugen nicht einmal mehr als kuriose Souvenirs für die Besatzungstruppen.

Farid Hussein, einer von 62 Bildhauern in der Fabrik, ist einer der wenigen, die nach dem Krieg überhaupt noch an ihren Arbeitsplatz zurückgekehrt sind. "Meine Kollegen haben Angst, dass man sie als Teil des Regimes ansieht und ihnen jetzt nach dem Leben trachtet", beschreibt er die Stimmungslage. "Meine letzte Statue war eigentlich Hunderttausende wert. Jetzt kriege ich nichts mehr dafür", bedauert er. Seine letzte Auftragsarbeit, eine fünf Meter hohe Saddam-Hussein-Statue, sollte eigentlich einen der Plätze Bagdads zieren. Jetzt wird sie wohl zerstört werden.

Zerstört sind so ziemlich alle Saddam-Hussein-Standbilder im Irak, manche vor laufenden Fernsehkameras während der Kriegstage. Der Sturz von den Sockeln der Denkmäler war gemeinhin ein Symbol für die Befreiung des Irak. Jetzt bringt Farid Hussein neue Schlösser an der schweren Eisentür der Fabrikhalle an, um Plünderer fern zu halten. Diese haben seine Fabrik schon zwei Mal heimgesucht. Saddam-Hussein-Büsten wurden zerschlagen, alles andere von Wert wurde mitgenommen. "Es ist eine Schande, dass sie die Standbilder zerschlagen haben. Dies ist schließlich Kunst. Sie gehören in ein Museum", versucht Farid Hussein sich über den Verlust seiner Lebensaufgabe hinweg zu trösten.

Farid Hussein kennt die Generäle, die Saddam Hussein flankieren, noch alle beim Namen. "Dies ist ein Vetter Saddams", zeigt er auf eine der Büsten, die im Gegensatz zum weißen Konterfei des Expräsidenten aus schwarzem Zement gegossen sind. Und er zieht eine gewisse Zuversicht aus dem Lauf der Geschichte, auch wenn die alten Regeln nicht mehr gelten, seit der US-Zivilverwalter Paul Bremer in Bagdad die Amtsgeschäfte führt. Mit einem Lächeln meint er: "Überall in der Welt, seit dem Altertum, haben sich die Regierenden an eigenen Standbildern erfreut. Wer weiß, vielleicht gießen wir in Kürze Büsten von Bremer."