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In Tikrit beigesetzt | Empörung in Teilen der arabischen Welt | Video im Internet | Der irakische Ex-Diktator Saddam Hussein ist Samstag früh hingerichtet worden. um 6.00 Uhr Ortszeit (4.00 Uhr MEZ) in Bagdad hingerichtet worden. Der 2003 von den US-Streitkräften gestürzte Staatschef wurde aufgrund der Verurteilung wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gehenkt. In dem am 5. November beendeten Prozess war es um ein Massaker an 148 Schiiten in der Stadt Dujail im Jahr 1982 gegangen. Das irakische Fernsehen zeigte Bilder von der Leiche Saddam Husseins.
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Wenige Stunden nach der Hinrichtung von Saddam Hussein hat das irakische Fernsehen Bilder von der Leiche gezeigt. Der Mann, der von den Sendern Massar und Biladi als Saddam Hussein identifiziert wurde, lag bekleidet mit einem weißen Hemd auf einer Bahre. Sein Kopf war nicht bedeckt und sein Hals verdreht. Am Hals und Teilen des Leichenhemds schienen Blutflecken zu sehen. Die Augen der Leiche waren geschlossen.
Nach Angaben eines Familienmitglieds wurde Saddam Hussein einen Tag nach seiner Hinrichtung in seinem Geburtsort beigesetzt. Der frühere Präsident sei am Sonntag um 04.00 Uhr Ortszeit (02.00 Uhr MEZ) in Awja bei Tikrit im Norden des Landes beigesetzt worden, sagte Mussa Faraj der Nachrichtenagentur AFP. Die USA hätten dies so schnell wie möglich tun wollen. Doch auch nach moslemischem Brauch sollen Verstorbene innerhalb eines Tages nach ihrem Tod zu Grabe getragen werden. Faraj war nach eigenen Angaben beim Begräbnis anwesend. (
Video mit Handy aufgenommen
Eine vollständige Videoaufnahme von der Hinrichtung Saddam Husseins ist am Sonntag im Internet aufgetaucht. In der Aufnahme von mittelmäßiger Bild- und Tonqualität ist unter anderem zu hören, wie Zeugen der Exekution wenige Augenblicke vor dem Tod des irakischen Ex-Präsidenten den Namen seines größten schiitischen Widersachers riefen, des Radikalen Moktada Sadr.
Insgesamt ist die vermutlich mit einem Handy gemachte Aufnahme zwei Minuten und 38 Sekunden lang. Immer wieder sind Blitzlichter von Fotoapparaten zu sehen, während die Schlinge um den Hals des früheren Staatschef gelegt wird. Saddam Hussein zeigt keine Gefühle und wirkt ruhig.
Die Anwesenden in dem engen Raum beginnen gemeinsam mit dem zum Tode Verurteilten, das letzte Gebet zu sprechen. Dann ertönen die Rufe "Moktada, Moktada, Moktada!". Ein Mann ruft: "Es lebe Mohammed Baker!" Der Vater des radikalen Schiitenführers, Mohammed Baker Sadr, ist 1999 durch die Schergen Saddam Husseins ermordet worden. Saddam Hussein schaut erstaunt. Er sagte das muslimische Glaubensbekenntnis. Die Falltür öffnet sich, noch während er betet. Die letzten Bilder zeigen den am Galgen baumelnden Leichnam. Der Tote hat die Augen geöffnet.
Die Welt reagiert
Die internationalen Reaktionen sind unterschiedlich. US-Präsident George W. Bush würdigte die Hinrichtung als gerechte Strafe. Sie sei ein "wichtiger Meilenstein" auf dem Weg zu einer irakischen Demokratie.
Die britische Außenministerin Margaret Beckett erklärte, Saddam Hussein habe "bezahlt". Sie sei froh, dass er von einem irakischen Gericht wenigstens für einige der schrecklichen Verbrechen zur Rechenschaft gezogen worden sei, die er am irakischen Volk begangen habe. Die britische Regierung respektiere die Entscheidung der Iraker, wenngleich sie selbst die Todesstrafe ablehne.
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte: "Wir respektieren dieses Urteil, aber es ist bekannt, dass die Bundesregierung gegen die Todesstrafe ist."
Das Schweizer Außenministerium missbilligt die Hinrichtung von Saddam Hussein. Zwar sei er ein Krimineller gewesen und habe vor Gericht gestellt und bestraft werden müssen. Für die Schweiz sei die Todesstrafe aber auch bei schwersten Verbrechen nicht vertretbar, teilte das Ministerium am Samstag in Bern mit.
"Wir hoffen, dass dieses dramatische Ereignis das letzte in der turbulenten Geschichte des Iraks sein wird", erklärte die griechische Außenministerin, Dora Bakoyannis, am Samstag in Athen. Die Ministerin erinnerte zudem daran, dass Griechenland wie alle anderen EU-Staaten gegen die Todesstrafe ist.
Der australische Außenminister Alexander Downer bezeichnete den Tod des früheren irakischen Präsidenten als "wichtigen Schritt" auf dem Weg zu einer historischen Beurteilung seines "tyrannischen Regimes". Jetzt könne der Prozess der Versöhnung fortgesetzt werden.
Der Vatikan hat am Samstag die Hinrichtung von Saddam Hussein verurteilt. Sprecher Frederico Lombardi bezeichnete es als "tragisch", dass der frühere irakische Präsident gehängt worden sei. Dieser Schritt werde nicht dabei helfen, die irakische Gesellschaft zu versöhnen oder ihr Gerechtigkeit zu verschaffen.
Amnesty International kritisierte die Hinrichtung des früheren irakischen Machthabers. Sie sei offenbar ausgemachte Sache gewesen, nachdem das Todesurteil gefällt wurde, erklärte die Menschenrechtsorganisation. Das Berufungsgericht habe nur einen Anschein von Legitimität für einen von Grund auf mit Fehlern behafteten Prozess geliefert. Amnesty aber den Versuch, Saddam für seine Verbrechen zur Verantwortung zu ziehen.
Österreich prinzipiell gegen die Todesstrafe
Das Außenministerium hat angesichts der Hinrichtung des irakischen Ex-Präsidenten Saddam Hussein die grundsätzliche Ablehnung der Todesstrafe durch Österreich bekräftigt. Österreich habe sich immer gegen die Straflosigkeit von höchsten politischen Verantwortungsträgern eingesetzt und unterstütze die Bemühungen für eine wirksame internationale Strafgerichtsbarkeit, heißt es am Samstag in einer Aussendung des Außenministerium.
Zugleich lehne Österreich die Todesstrafe "aus prinzipiellen Gründen ab und tritt für deren weltweite Abschaffung ein".
Trauer und Kritik in der arabischen Welt
Libyen hat nach der Hinrichtung des irakischen Expräsidenten Saddam Hussein eine dreitägige Trauerzeit ausgerufen. Die Regierung von Muammar el Gaddafi sagte am Samstag alle Feierlichkeiten zum islamischen Opferfest Eid al Adha ab und ordnete an, die Flaggen auf Regierungsgebäuden auf Halbmast zu hängen.
Der palästinensische Arbeitsminister Mohammed Barghuti sagte, seine islamische Hamas-Bewegung sei mit dem säkularen Präsidenten oft nicht einer Meinung gewesen, doch sei seine Hinrichtung falsch und die Palästinenser seien den Irakern in Brüderlichkeit verbunden. Mitglieder verschiedener palästinensischer Fraktionen errichteten im Gazastreifen mehrere Trauerzelte für Saddam. Für die Palästinenser galt der Ex-Diktator seit dem Golfkrieg von 1991 als Volksheld, weil er damals Israel mit zahlreichen Scud-Raketen angegriffen hatte.
n Saudi-Arabien kritisierte ein Kommentator der Staatsagentur SAP, der Prozess sei politisch gewesen, die Vorwürfe seien nicht ausreichend untersucht worden. In Saudi-Arabien befinden sich die heiligen Stätten Mekka und Medina, an denen am Samstag knapp drei Millionen Gläubige auf Pilgerfahrt waren.
Das ägyptische Außenministerium kritisierte ebenfalls den Zeitpunkt der Hinrichtung. Die Gefühle der Muslime während der derzeitigen Pilgerfahrt, "die einen Moment der Vergebung" darstelle, seien nicht berücksichtigt worden.