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Der jüngste militärische Schlagabtausch zwischen dem Irak und den USA war nach Auffassung amerikanischer Experten für Außenpolitik Teil der Strategie des irakischen Staatschefs Saddam Hussein,
eine Lockerung der strengen UNO-Kontrollen zu erreichen. Nach Angaben des Pentagons werden die amerikanischen und britischen Überwachungsflüge über den Flugverbotszonen nun unter größter Anspannung
fortgesetzt. Bei dem Vorfall am Montag wurden nach Angaben aus Bagdad vier irakische Soldaten getötet und sieben verwundet.
Tony Cordesman vom Zentrum für Strategische Internationale Studien sieht das Verhalten des Irak als "lautstärksten Teil einer umfassend angelegten Strategie" und "sichtbares Zeichen von Widerstand."
Nachdem Saddam Hussein zunächst die UNO-Waffeninspektionen wiederholt behindert und die USA und Großbritannien deshalb Mitte Dezember zu viertägigen Luftangriffen veranlaßt habe, habe der Irak
inzwischen auch angedeutet, das im Frühjahr endende Öl-für-Nahrungsmittel-Programm nicht zu verlängern. Das Programm gestattet dem Irak die Förderung von Öl; für den Erlös werden Lebensmittel und
Medikamente gekauft. Damit sollen die Auswirkungen des nach dem irakischen Einmarsch in Kuwait 1990 verhängten UNO-Embargos auf die Bevölkerung gemildert werden. Gleichzeitig habe das irakische
Militär die mit der Überwachung der Flugverbotszonen im Norden und Süden des Landes befaßten Kampfflugzeuge provoziert, seine Flugabwehrstellungen im Norden des Landes zu beschießen.
In Bagdad verurteilten Regierungsvertreter die amerikanischen Piloten als "Mörder und Kriminelle" und erklärten, der Irak verhalte sich strikt defensiv. Die amtliche Nachrichtenagentur INA meldete
außerdem, die irakischen Raketen hätten "fast mit Sicherheit ein feindliches Flugzeug abgeschossen". Ein Sprecher des Weißen Hauses in Washington, David Leavy, bezeichnete diesen Bericht als
"vollkommen unwahr". "Das ist lediglich weitere Propaganda von Saddam Hussein", sagte er.
US-Präsident Bill Clinton betonte, die US-Piloten hätten in Notwehr gehandelt und erst geschossen, nachdem die irakische Flugabwehr das Feuer auf sie eröffnet habe. Er kündigte an, daß die USA die
irakischen Streitkräfte weiter in Schach halten würden.
Der Luftraum über dem Norden Iraks wird seit April 1991 regelmäßig überwacht, um die kurdischen Rebellen zu schützen; die Kontrolle des Luftraums über dem Süden seit August 1992 soll dem Schutz der
schiitischen Moslems dienen.
Tom Keaney, Oberst der Luftwaffe im Ruhestand und Leiter des Instituts für Außenpolitik an der Johns Hopkins School of Advanced International Studies glaubt nicht, daß Saddam Hussein mit seinem
Vorgehen einen weiteren umfassenden Militärschlag der USA und Großbritanniens provozieren will. Vielmehr wolle der irakische Staatschef die Westmächte als Tyrannen hinstellen, um die Sympathie der
arabischen Welt und der Vereinten Nationen zu erringen.
Letztendlich wolle Saddam Hussein die Unterstützung der UNO und der Araber, um ein Ende der Wirtschaftssanktionen zu erreichen.