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Saddams Cousin Chemie-Ali soll als erster Spitzenfunktionär vor Gericht

Von Rainer Mayerhofer

Politik

Ali Hassan al-Majid, der unter dem Namen Chemie-Ali international bekannt gewordene Cousin von Saddam Hussein, soll bei den in der kommenden Woche beginnenden Justizverfahren gegen das Saddam-Regime als erster Spitzenfunktionär vor Gericht gestellt werden.


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Al-Majid wird vorgeworfen, den Giftgaseinsatz gegen die kurdische Stadt Halabja im Jahr 1988 angeordnet zu haben, bei dem 5000 Zivilisten starben. Er soll auch eine führende Rolle bei der blutigen Niederschlagung des Schiitenaufstands im Südirak nach dem Ende des Ersten Golfkriegs im Jahr 1991 gespielt haben. Während der irakischen Besetzung Kuwaits zwischen August 1990 und dem Ende des ersten Golfkriegs war al-Majid Gouverneur in dem zur irakischen Provinz degradierten Nachbarland.

Al-Majid, der auf der Liste der von den US-Truppen meistgesuchten Personen als Pik-König den fünften Rang eingenommen hatte, wurde am 22. August 2003 festgenommen, nachdem es gerüchteweise geheißen hatte, er sei am 5. April dieses Jahres bei einem Bombardement Bagdads getötet worden. Diese Nachricht war von britischen Militärkreisen verbreitet worden und wurde vom Pentagon unterstützt.

Neben al-Majid wird der vermutlich der Halbbruder Saddams, Watan Ibrahim Hassan, zu den ersten Angeklagten gehören, die sich einem Gerichtshearing stellen müssen. Eine entsprechende Mitteilung hatte im Vormonat der stellvertretende Ministerpräsident des Irak, Barham Salih, gemacht.

Die Gerichtsanhörungen gelten noch nicht als der formelle Beginn der Prozesse über Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, bei denen neben Saddam Hussein elf weitere Spitzenvertreter des alten Regimes vor Gericht stehen werden, darunter der ehemalige Außenminister und Ministerpräsident Tarek Aziz. Der wirkliche Prozess, in dem mit der 35-jährigen Gewaltherrschaft des Saddam-Regimes abgerechnet werden soll, wird erst im Jänner beginnen.

Mit Ausnahme der Nummer Zwei des alten Regimes, Izzat Ibrahim al-Douri, befinden sich alle Spitzenfunktionäre der Saddam-Zeit in Haft oder wurden in den 20 Monaten seit der Invasion getötet.

Kein langer Prozess

Der irakische Verteidigungsminister Hazim Shaalan vertrat die Meinung, dass es kein sehr langer Prozess werden wird, da seiner Meinung nach genug Beweismittel und Zeugenaussagen vorliegen. Man werde den Funktionären des alten Regimes die Gelegenheit einräumen, Verteidiger ihrer Wahl, Iraker oder Nichtiraker, zu bestellen.

Hinter den Kulissen wird aber darüber gesprochen, dass nur wenige irakische Juristen bereit sind, die Verteidigung Saddams zu übernehmen oder die Staatsanwaltschaft zu unterstützen, da sie sich der Drohungen von Extremisten ausgesetzt sehen. Aus diesem Grund sind auch schon mehrere Richter, die für den Prozess vorgesehen waren, wieder abgesprungen.